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Ansprechpartnerin (Redaktion)

Bürgerdialog mit der DB zu dem geplanten ICE Instandhaltungswerk

Röthenbach b. St. W. - Am 20.10.2021 fand in Röthenbach b. St. W. auf Einladung der Marktgemeinde Wendelstein ein Bürgerdialog mit der DB zu dem geplanten ICE Instandhaltungswerk an den Standorten Muna oder Jägersee statt. Herr Segmüller führte mit wohltuender Ruhe und Souveränität durch die Veranstaltung.

  • © Bürgerinitiative Röthenbach b. St. W. - Reichswald bleibt

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Dank bester Organisation der Marktgemeinde Wendelstein konnte sie nicht nur von ca. 250 Besuchern in der Schwarzachhalle, sondern auch von ca. 150 Interessierten im Freien vor der Halle verfolgt werden. Dies wurde notwendig, weil die Anmeldungen die ursprüngliche Kapazität von 100 Besuchern schnell überschritten und sich viele Menschen Corona-bedingt nicht gerne in gedrängten Menschenansammlungen aufhalten. 

Nach dem einführenden Grußwort von Bürgermeister Werner Langhans kam als erster Redner Carsten Burmeister zu Wort, der designierte Projektleiter der DB. In seinem Vortrag stellte er den bisherigen Prozess aus Sicht der Bahn sowie den aktuellen Stand der Planungen vor.

Er versprach, später auf alle ihm vorliegenden Fragen einzugehen und ließ auch deshalb keine Zwischenfragen zu. In der Folge wurde allerdings auf einige Fragen gar nicht eingegangen, bei anderen Antworten fehlte es hier und da etwas an Tiefe. Zumindest ließ sich dies aus Beiträgen und Reaktionen der Besucher in der späteren Fragen-Antworten-Runde schließen.

Der erste Redner für die Bürgerinitiative ging auf verschiedene Aspekte in den Präsentationen und Veröffentlichungen der Bahn ein. Zunächst stellte er mit zwei Anmerkungen klar, wofür die Bürgerinitiativen in Feucht, Harrlach und Wendelstein/Röthenbach stehen bzw. wofür sie NICHT stehen:

In einem Wort zusammengefasst ist der Bannwald das Kernthema, weil dieser aus guten Gründen gesetzlich geschützt und unersetzbar ist, als Naherholungsraum für  Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und ein wichtiger ökologischer Faktor für das lokale Klima in Nürnberg (!) und den Großraum südlich davon. Stichworte Grundwasserspeicher und unversiegeltes Sickergebiet (Ahrtal!), Lärmschutz, Luftfilter, Kühlung für den gesamten Großraum.

Zweitens stellt die BI keinesfalls die Notwendigkeit einer Mobilitätswende in Abrede. Diese muss aber in einem größeren Zusammenhang verstanden werden, als es die DB Fernverkehr tut und damit relativiert sich die Bedeutung der DB Fernverkehr dramatisch:

Da ist der Öffentliche Personennahverkehr, der Individualverkehr, Urlaubs- und Ausflugsverkehr, internationaler Verkehr und - selbstverständlich - auch der überregionale Verkehr in Deutschland. Die DB Fernverkehr hat also mit den meisten dieser Faktoren gar nichts zu tun oder ist sogar dabei in einem Wettbewerb um die Nutzer. Allein der VGN Nürnberg hat im Jahr 2019 ca. 248 Mio Fahrgäste befördert. Alle PKW-Hersteller arbeiten mit Hochdruck an umweltfreundlicheren Fahrzeugen, die Lufthansa entwickelt Flugzeuge mit deutlich geringerem Schadstoffausstoß und auch der Urlaubsverkehr wird sich nicht ohne weiteres „auf die Schiene bringen“ lassen, wie es die DB plant. Die Entscheidung, welches Verkehrsmittel für welchen Zweck am besten geeignet ist, entscheidet jeder für sich selbst und nicht die DB.

Es könne somit nicht davon die Rede sein, dass die DB Fernverkehr das Rückgrat der Mobilitätswende sei, wie von der DB behauptet. 

Am Beispiel eines von der BI Harrlach an das Top-Managment der DB geschriebenen Briefs wurde aufgezeigt, dass sich das tatsächliche Dialogverhalten der DB von dem unterscheidet, was sie in öffentlich proklamiert. Tatsächlich ist wenig zu spüren von Bürgerbeteiligung und Einbindung. Im Gegenteil: Auf in dem Brief vorgetragene Argumente wurde in dem Antwortschreiben praktisch nicht eingegangen. Ebenso wenig wie auf die von der BI vorgenommene Bewertung des Standorts Harrlach, genau mit den von der DB definierten Auswahlkriterien. Hier wurde die Möglichkeit zu einem inhaltlichen Dialog und gegenseitigem Austausch von Sachargumenten einseitig in den Wind geschlagen. 

Als nächstes verwahrte sich die BI gegen ein Zitat von Herrn Burmeister, wonach es „ohne Eingriff in die Natur nicht gehen werde.“ Dies sei eine Killerphrase, respektlos gegenüber engagierten Bürgern und Bürgerinnen und im übrigen habe das nie jemand behauptet! 

Als nächstes wurde anhand des Begriffs „Ausgleichsfläche“ aufgezeigt, dass eine Neu-Versiegelung ökologisch intakten Waldes nicht wirklich durch Aufforsten von Wiesen, Äckern an anderer Stelle ausgeglichen wird. Am Ende wird es mehr versiegelte Fläche geben, als vorher. Und das ist die hauptsächliche Zielrichtung der BI an der Standortvorauswahl der DB: Ja zu einem ICE-Instandhaltungswerk, aber an einem umweltverträglicheren Standort! Im besten Fall auf einer schon jetzt versiegelten Fläche, anstatt Dutzende von Hektar geschützten Bannwalds zu roden.

Ein weiterer Kritikpunkt der BI an der DB betrifft deren Hang zum „Greenwashing“. Die DB erweckt in ihren Veröffentlichungen und Aktivitäten den Eindruck, praktisch ihr ganzes Tun und Denken von Umweltgesichtspunkten geleitet würde. Hingegen, und das betonte Herr Burmeister auch, sei die DB Fernverkehr ein Unternehmen. Eine Selbstverständlichkeit eigentlich. In der Konsequenz heißt das, dass es, wie jedes andere Unternehmen auch, nach Gewinnmaximierung strebt. Das ist auch gut und richtig, denn unser aller Wohlstand beruht darauf!

Hier ist es allerdings so, dass die Kehrseite der Medaille, also die Umweltzerstörung und ihre Folgen nicht mit einberechnet werden. Was auch sehr schwer wäre, denn wer kann schon den Wert gefällter Bäume, vernichteter Naherholungs- oder Lebensräume für Bäume und Tiere in Euro bewerten? Und was nix kostet, ist nix wert und existiert praktisch nicht. Abrakadabra Simsalabim - so schnell „verschwindet“ eine ökologische Katastrophe. Und wenn sie später beim besten Willen nicht mehr verleugnet werden kann? Dann ist natürlich keiner der Manager und Politiker persönlich verantwortlich. 

Die gebetsmühlenartige Wiederholung der Argumente von Herrn Burmeister, sich an geltende Gesetze zu halten, weitergehende Fragen im Raumordnungsverfahren anzusprechen und im Planfeststellungsverfahren bindend zu regeln, wurde von den Zuhörern als ausweichend, zu wenig konkret und nicht verbindlich verstanden. Bis dahin, dass die Glaubwürdigkeit der DB insgesamt angezweifelt wurde, was anhand existierender Streitfälle in Köln-Nippes und anderen Standorten ähnlicher Werke auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist.

Dies griff auch der Redner der BI zum Schluss noch einmal auf, indem er wiederholte dass es der BI um einen besseren, umweltverträglichen Standort für das neue Werk geht und dass eine juristische Auseinandersetzung („Dann verklagen Sie die Bahn halt!“) vermieden werden soll. Der Klageweg, so die BI, hieße, dass die DB die Verantwortung für eigenes Tun an Rechtsanwälte und Richter abschiebt und sich dieser nicht selbst stellt. 

Friedrich Zeller als zweiter Redner der BI konkretisierte die Kritikpunkte in seinem Beitrag mit viel Sachkenntnis und Detailwissen anhand des Themas „Lärm“.

Hauptquelle für den zu erwartenden Lärm sind die vorgeschriebenen Hup-Tests, die übrigens, was gerne verschwiegen wird, für jeden Zug zwei Mal durchgeführt werden. Und der Schall würde, anders als von der DB dargestellt, mit der Lautstärke eines Gewitterdonners aus einem Kilometer Entfernung in den benachbarten Wohngebieten ankommen. Sowohl Feucht als auch Röthenbach liegen nur wenige Hundert Meter entfernt von den geplanten Werksflächen. Zeitlich fänden diese dann unmittelbar vor der Wiedereingliederung des Zugs in den Fahrbetrieb statt. Also nachts und in den frühen Morgenstunden bis ca. 5:00 Uhr. An 365 Tagen im Jahr, auch an Sonn- und Feiertagen.

Herrn Burmeisters erwiderte, dass statt der (absurderweise) gesetzlich vorgeschriebenen Mittelwerte eigene Gutachten in Auftrag gegeben würden, die dann die tatsächliche Belastung zeigen würden. Nun ja, Gutachten sind aber nicht zwingend neutral, sondern fallen mitunter eher im Sinne des Auftraggebers aus. Gerade bei hochkomplizierten und komplexen Sachverhalten, wie Geräuschmessung, ist dies vielleicht formal korrekt, geht aber am Problem vorbei. Lärm bleib Lärm! Friedrich Zeller ging es nicht darum, darüber zu diskutieren, ob die gemessenen Dezibel diesen oder jenen Wert zeigen. Zahlen sind nicht mit persönlichem Empfinden gleichzusetzen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Huptöne als sehr laut empfunden werden. Dafür sind sie ja auch da. Im Ernstfall und nicht 50 Mal pro Nacht.

Herr Burmeister führte an, dass man beabsichtige, das Problem technisch in den Griff zu bekommen. Wie das konkret umzusetzen sei, würde Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens sein. Also erst zu einem sehr späten Zeitpunkt und ob die zu ergreifenden Maßnahmen dann auch tatsächlich Abhilfe schaffen, ist ungewiss. Und selbst wenn dann technisch begründete Zweifel vorgebracht würden, müssten diese wohl auf dem Klageweg durchgesetzt werden. Was lange dauern würde, mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden wäre und ungewisse Erfolgsaussichten hätte. In der Zwischenzeit? 

Aus einem Podcast der Nürnberger Nachrichten („Horch amol“) wird Herr Burmeister wie folgt zitiert: „Wir sind uns sehr sicher, dass es im ICE-Werk Nürnberg nicht zu der Sachlage kommen wird, wie in Köln. Sondern dass es sich eher verhalten wird, wie in unseren ICE-Werken Berlin, München oder Frankfurt. Die auch sehr dicht an der Wohnbebauung sind, aber ohne Beschwerden betrieben werden.“

Sich sehr sicher zu sein, kann vieles heißen. Verbindlich und konkret ist diese Aussage jedenfalls nicht. Zumal dabei dezent verschwiegen wird, dass es auch an den anderen Standorten teilweise massiven Ärger und Streitigkeiten gibt.

Herr Zeller schloss seinen Beitrag damit, den geplanten Standorten den neuen Namen „Jägersee-Forst“ zu geben und zog damit eine Parallele zum „Hambacher Forst“. Bleibt zu hoffen, dass es nicht so weit kommen muss! 

Lang anhaltender und lauter Beifall der Anwesenden in und vor der Halle machte deutlich, dass beide Beiträge große Zustimmung fanden und „den Nerv der Menschen“ mehr trafen, als die zum Teil beschwichtigende und schönfärberische Informationspolitik der DB. Bunte Bilder, aber wenig Inhalt. 

Dies war dann auch mit ein Tenor in der Fragen-/Antwort-Runde zum Schluss. 

Zugegeben, es gab viele Fragen rund um das vielschichtige Thema Bannwald. Aber nicht, weil die Fragesteller die Antworten nicht verstanden hätten, sondern weil sie mit den wenig vertrauensbildenden und ausweichenden Antworten der DB nicht zufrieden waren.  

Ebenfalls weitgehend unbeantwortet blieben konkrete Fragen des fachkundigen Publikums, wie und durch wen die Versorgung mit Frischwasser und die Abwasserentsorgung erfolgen würde. Es geht hier um 325.000 Liter. Täglich. Auch auf die Frage, wie die Elektrizitätsversorgung für ein Werk diesen Ausmaßes erfolgen würde, hieß es lediglich, die entsprechenden Versorger seien angefragt worden. 

Bei einer Kapazität von ca. 800 Fahrgästen je Zug und 25 ICE´s, die nur zwei Mal täglich belegt wären, bedeutet das, dass Verpflegung und Abfall für 40.000 Menschen zu bewerkstelligen wäre. Das ist weit mehr, als Feucht und Wendelstein zusammengenommen Einwohner haben. Von dem damit verbundenen zusätzlichen Verkehrsaufkommen ganz zu schweigen. Und das wäre nicht nur in den direkt angrenzenden Gebieten Feucht und Röthenbach zu spüren, sondern auch in den anderen Ortsteilen Wendelsteins. 

Die Veranstaltung verlief sehr engagiert, und, wie Herr Burmeister später sagte, fühlte er sich fair behandelt. Dass die Halle bis zum Ende um 23 Uhr, also nach vier Stunden, immer noch gut gefüllt war zeigt, wie wichtig den Anwohnern das Thema ist und dass es nicht gegen und über die Köpfe der Betroffenen hinweg umgesetzt werden darf!

Von: Andreas Teichert (Presse), Mittwoch, 27. Oktober 2021 - Aktualisiert am Samstag, 06. November 2021
Weitere Informationen, Artikel und Termine von »Reichswald bleibt e.V.« finden Sie unter: www.meier-magazin.de/reichswald_bleibt

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