Die Wanderschäferei – beinahe so alt wie die Menschheit
Schwabach - Der Landesverband Bayerischer Schafhalter feierte am 9.Sept. sein 100-jähriges Jubiläum im mittelfränkischen Triesdorf. Doch auch das schönste Fest kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Schäfer-Idyll längst Risse bekommen hat.
Im 19. Jahrhundert standen noch 28 Millionen Schafe auf den Weiden, heute grasen in Deutschland gerade mal noch 1,6 Millionen Stück. Der Rückgang ist gravierend. In den letzten Jahrzehnten sind sie selten geworden, die Schafherden auf unseren Wiesen. Viele Schäfer gaben ihre Hüteschäfereien auf. Der Verkauf der Wolle deckt oft nicht einmal mehr die Schurkosten. Ohne das dritte Standbein, die Subventionen der Europäischen Union, wären die Schäfer längst am Ende. Viele von ihnen gehen in den nächsten Jahren in Pension und beim Nachwuchs sieht es nicht rosig aus. 7-Stunden-Woche ohne festen Feierabend und Urlaub und das bei immer weniger Gewinn beim Verkauf von Fleisch und Wolle, ist nur wenig reizvoll.
Allein unter Schafen
„Unser Beruf ist in Gefahr“, sagt Sven de Vries . Der 36-Jährige besitzt rund 650 Merinolandschafe und zieht als Wanderschäfer durch den Alb-Donau-Kreis. Dieser Beruf ist etwas für Idealisten: früh aufstehen, bei Regen und Hitze über die Felder ziehen, 365 Tage im Jahr mindestens zehn Stunden arbeiten. „Alle Schäfer in meinem Umfeld zweifeln und überlegen, ob sie ihre Schäferei aufgeben sollen. Es rentiert sich nicht mehr und alle sind überarbeitet“, sagt de Vries.
Eine Weidetierprämie für Schafshaltung würde das Überleben der Schäfereien sichern, aber dies wurde erst kürzlich abgelehnt.
Unsere Kulturlandschaft braucht Schafe!
Schafe bewahren Feuchtgebiete und Trockenwiesen, auf die sich bestimmte Tierarten und Pflanzenarten spezialisiert haben. Ob in der der Lüneburger Heide, der Rhön oder auf der schwäbischen Alb. Die traditionellen Schafweiden sind kleine Schätze der Artenvielfalt. Ohne die Herden würden viele Gebiete verbuschen oder veröden. Viele geschützte Kulturlandschaften sind schon jetzt gefährdet und mit ihnen eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten.
Die Schäferei ist eine der letzten weitestgehend artgerechten Nutztierhaltungen in Deutschland und sie erfüllen durch die Beweidung eine wichtige Landschaftspflegeaufgabe.
Wolle aus Deutschland – unter diesem Motto will eine Initiative der deutschen Wollbranche das Bewusstsein deutscher Verbraucher für heimische Produkte stärken und gleichzeitig, nicht nur Arbeitsplätze im Innland sichern und schaffen, sondern auch die bedrohte Kulturlandschaft und die Wanderschäferschaft selbst unterstützen.
Der Kauf dieser hochwertigen Wollqualität bietet also viele positive Nebeneffekte für Mensch und Natur.
So kommt bereits seit Jahren ein Teil des Verkaufserlöses aus der „Schafpaten“-Wolle der Wanderschäferschaft im Biosphärengebiet Schwäbiche Alb zu Gute.
2018 feiert die Initiative OPAL-Schafpate zehnjähriges Jubiläum und seither wurden über 92.000 Euro zur Förderung und Erhalt der deutschen Wanderschäferei eingesetzt. Darüber hinaus bietet diese Initiative die Möglichkeit, eine Patenschaft für ein Schaf zu übernehmen. Die Patenschaft kostet jährlich einen Betrag von 60€. Der Pate kann „seinem“ Schaf einen Namen geben und bekommt auch ein Mehrwertgeschenk im Wert von 20€ zurück. 25€ fließen in eine extra Kasse, mit diesem Geld wird schnelle unbürokratische Hilfe an Schäfereien gewährleistet. Dadurch wird die Wanderschäferei und die Erhaltung der einzigartigen Landschaft wie der Wacholderheiden gefördert.