Ein ICE Werk im Nürnberger Bannwald widerspricht dem Klimaschutzgesetz
Harrlach, Landkreis Roth - Die jüngsten – und katastrophalen – Ereignisse im Westen Deutschlands werden in den Medien mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Das ist vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung sicher nicht falsch und führt zu der Frage nach den Konsequenzen daraus. Diese müssen einerseits aus sehr langfristig angelegten Maßnahmen wie der Verkehrs- und Energiewende, andererseits aber auch darin bestehen, auf lokaler und regionaler Ebene auf die Folgen künftiger Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Hitze vorbereitet zu sein – entscheidend sind hier der Waldbestand und das Ausmaß der Flächenversiegelung, und damit wären wir bei einem sehr aktuellen Thema, dass unsere Region unmittelbar betrifft.
Die Pläne der BahnBürgerinitiati haben schon in vielen betroffenen Gemeinden für Aufruhr gesorgt. Auch der Standort Roth-Harrlach bei Allersberg ist denkbar ungeeignet, sollen doch hier 45 ha Bannwald abgeholzt werden. Zudem zählt die Fläche zum Trinkwassereinzugsgebiet der Stadt Fürth und grenzt an das Wasserschutzgebiet an. Das bisherige Verfahren der Bahn setzt ausschließlich auf Optimierung der Betriebsabläufe, statt Umweltkriterien und Auswirkungen auf die Bürger gleichermaßen zu berücksichtigen.
Wald ist von entscheidender Bedeutung im Kampf gegen den Klimawandel
Der immer häufigere Starkregen in vielen Regionen Deutschlands zeigt, wie wichtig natürliche Wasserrückhaltegebiete sind. Daher erscheint es völlig unverständlich, wenn man heute noch großflächig Wald abholzen will, ohne sich um alternative Standorte wie z.B. Industriebrachen zu bemühen. Dies vor dem Hintergrund des neuen Klimaschutzgesetzes, wonach Deutschland bis 2045 treibgasneutral werden soll und dieses Ziel als nur erreichbar angesehen wird, wenn bestehende Waldflächen erhalten werden.
Größere, zusammenhängende Waldgebiete sind entscheidend, um einen Klimaeffekt zu erzielen und die Diversität der Tierwelt zu erhalten. Der Nürnberger Bannwald/“Südliche Reichswald“ (gem. Verordnung über Waldgebiete vom 14.04.2004) ist im Verdichtungsraum der Städte Erlangen, Fürth, Nürnberg und Schwabach gem. Artikel 11 des BayWaldG unersetzlich, hat eine außergewöhnliche Bedeutung für das Klima, den Wasserhaushalt und die Luftreinhaltung und muss deshalb in der Flächensubstanz erhalten werden. Demzufolge müsste die Bahn die gleiche Fläche im Anschluss an das abgeholzte Gebiet wiederaufforsten. Unbekannt ist nur, welche Flächen dafür zur Verfügung stehen. Zudem benötigt ein neu angepflanzter Wald –sofern er im fränkischen Sandboden bei zunehmender Trockenheit überhaupt noch anwächst- rund 60 Jahre, um den gleichen Klimaeffekt zu generieren.
Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel kaum absehbar
Das Thema gewinnt an Brisanz, wenn man bedenkt, dass die diskutierte Fläche bei Harrlach zum Trinkwassereinzugsgebiet der Stadt Fürth zählt und direkt an das Wasserschutzgebiet angrenzt. Bereits in den Dürrejahren 2018/19 sank der Grundwasserspiegel vor Ort um mindestens 1,50m. Während Wald problemlos Wasser speichert, fließt auf einer abgeholzten Fläche Wasser rasch ab, hinzu kommt die großräumige Flächenversiegelung. Die Effekte auf das Grundwasser sind kaum absehbar.
Das Areal ist zudem als Vogelschutz- und Natura 2000 Gebiet ausgewiesen. Welchen Sinn haben diese Maßnahmen, wenn sie im Bedarfsfall scheinbar bedenkenlos ignoriert werden können?
Mobilitätswende Ja! – aber nicht auf Kosten der Umwelt
Grundsätzlich ist die Mobilitätswende, der Ausbau der ICE Flotte und damit die Ansiedlung eines ICE-Werks im Großraum Nürnberg begrüßenswert. Die derzeitigen Entwürfe der Bahn weisen jedoch einen übermäßigen Flächenverbrauch auf. Der Entwurf eines Nürnberger Ingenieursbüros mit deutlich geringerem Flächenverbrauch wurde leider abgelehnt. Unverändert scheint die Optimierung des Betriebsablaufs an vorderster Stelle zu stehen, Belastungen der Bürger und der Umwelt werden als „alternativlos“ in Kauf genommen. Die geplante Kapazität des Werks von 25 ICE Zügen pro Tag orientiert sich ausschließlich am vorgesehenen Wachstum der ICE Flotte. Als Staatsunternehmen sollte die Bahn jedoch Vorbildcharakter in der Umsetzung politischer Statements zu Umwelt- und Bürgerschutz haben.
Ländliche Gebiete dürfen nicht zum leichten Opfer werden
Die zunächst von der Bahn präferierte Ansiedlung in Stadtnähe stieß zu Recht auf den erbitterten Widerstand der Anwohner. Es kann aber auch nicht sein, dass dieses Werk nun 25km außerhalb der Stadt mitten in den Wald gebaut werden soll und eine ländliche Gemeinden wie Harrlach plötzlich an ein riesiges Industriegebiet heranrückt. Bis zum ersten, ausgelagerten Harrlacher Anwesen betrüge der Abstand nur 150m, bis zum Ort Harrlach 500m. Die Lärmbelästigung durch die angrenzende A9 ist schon jetzt deutlich zu hören, die regionale Infrastruktur wird mit dem neuen Allersberger Industriegebiet und vorgesehenen Ansiedlung eines Logistikgroßbetriebs bereits völlig überlastet werden. Zusätzliche Materialtransporte und 450 Pendler aus Nürnberg erscheinen nicht mehr verkraftbar.
Das bisherige Verfahren der Bahn ist bisher wenig zufriedenstellend, die vorgeschlagenen Standorte erscheinen ungeeignet. Das Bestreben sollte stattdessen sein, ein flächenmäßig optimiertes Werk auf bestehenden Industrieflächen anzusiedeln, um der zunehmenden Flächenversiegelung Einhalt zu gebieten. Umweltkriterien und die Auswirkungen auf Flora und Fauna müssen gleichwertig mit wirtschaftlichen Kriterien betrachtet werden.
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