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Gartengeschichten: Auf die Verwandtschaft kommt's an

Region - Nachdem wir uns in diesem noch jungen Gartenjahr schon vom Topinambur verabschieden mussten, ist nun auch die Erntesaison unseres geliebten Bärlauchs zu Ende gegangen. Die Samen sind am ausreifen und die Pflanzen ziehen sich langsam zurück und sammeln Kraft für das nächste Jahr. Mit einem traurigen Auge nehmen wir Abschied. Doch mit dem anderen Auge haben wir schon ein nächstes Highlight in unserem Garten fest im Blick. Und so handelt diese Geschichte von einem Baum. Einem ganz besonderen Baum in vieler Hinsicht und – ich möchte sagen – einem (noch) eher seltenen Wildobstbaum in unserer Region.

  • Drei Reifestadien nebeneinander

    Drei Reifestadien nebeneinander
    © as

  • Goldgelbe Herbstfärbung

    Goldgelbe Herbstfärbung
    © as

  • Tief eingeschneit: Unsere Maulbeere im Januar 2011

    Tief eingeschneit: Unsere Maulbeere im Januar 2011
    © as

  • Früchte direkt am Stamm

    Früchte direkt am Stamm
    © as

  • Von der Blüten bis zu reifen Früchte

    Von der Blüten bis zu reifen Früchte
    © as

Für diese Geschichte hole ich erst einmal etwas aus, denn meinen ersten Kontakt zu dieser Pflanze hatte ich schon in meiner Kindheit im damaligen Jugoslawien dem heutigen Kroatien gemacht, ohne den Baum aber bestimmen zu können. Es war in einem besonders schönen Ort, den wir ins Herz geschlossen nie aus den Augen verloren haben und schon zu den unterschiedlichsten Jahreszeiten (zwischen April und November) besuchten. Auffallend war, wenn wir in den Pfingstferien dort Urlaub machten, dass der Marktplatz, der über weite Teile unter Bäumen so groß wie alte Eichen lag, fast flächendeckend mit schwarzen Flecken überzogen war. Manchmal konnte man Reste der verursachenden Früchte erkennen und wir rätselten dann noch mehr, denn von den Bäumen schienen unendlich viele brombeerähnliche Früchte gefallen zu sein. Brombeeren auf solchen Bäumen !? – das kann bekanntlich nicht sein aber was war es dann? Dieses Rätsel sollte ich erst viele Jahre später lösen und zwar als ich auf der Suche nach einem neuen Wildobstgehölz für unseren Garten war. Ich stieß auf den Maulbeerbaum.

Ich war sofort begeistert und schwelgte in schönen Erinnerungen – „so ein Baum muss her“ war auch gleich mein Plan und ich begann mehr über diese Bäume in Erfahrung zu bringen. Die Ernüchterung folgte promt. Allgemein bekannt sind vor allem die Weiße- und die Schwarze Maulbeere. Doch beide Arten vertragen nach verschiedenen Angaben für unsere Breiten nicht genug Frost und sind eigentlich nur für geschützte Lagen (Weinbauklima) zu empfehlen. Schwer enttäuscht wollte ich aber nicht aufgeben,  stöberte weiter und entdeckte eine Rote Vertreterin. Das Besondere: Anders als die Weiße-/Schwarze Maulbeere hat die Rote Maulbeere ihren Ursprung nicht in Asien, sondern stammt aus Nordamerika und kann um einiges mehr Minusgrade wegstecken. Erfreulicher Weise kommt noch dazu, dass die Früchte zwar etwas kleiner, aber schmackhafter sein sollen. Bingo ! Jetzt musste ich nur noch ein Exemplar bekommen, was gar nicht so einfach war, handelte es sich um eine echte Rarität. Eine nahe gelegene Baumschule  konnte aber glücklicher Weise helfen und so konnten wir im Oktober 2006 unsere Rote Maulbeere pflanzen.

Das zunächst noch kleine Bäumchen – oder eher drei dünne Wedel – wurde von mir einige Winter liebevoll mit Pflanzenvlies eingepackt – was von Jahr zu Jahr aber immer umständlicher wurde bis es gar nicht mehr möglich war und so musste unser Bäumchen bald den ersten Winter ohne zusätzlichen Schutz überstehen. Immer wieder blickte ich in den Garten – den der Winter fest im Griff hatte – und hoffte und bangte. Aber ganz nach dem Motto „Nur die Harten kommen in den Garten!“ zeigten sich Ende April grüne Austriebe – welch eine Erleichterung. Selbst der extrem kalte Winter vor ein paar Jahren mit Tiefstwerten bis -17 Grad, wurde gut überstanden und mittlerweile ist unser Bäumchen zu einem stattlichen Baum herangewachsen, der uns jedes Jahr mehrfach begeistert.

An erster Stelle stehen da natürlich die Früchte und die sind wirklich der Knaller. Der Baum kennt praktisch keine Krankheiten oder Schädlinge. Die Früchte sind sehr schmackhaft, sauber, ohne Kerne und ohne jegliche Maden oder Fraßstellen. In den letzten Jahren sind auch unsere Gartenvögel auf den Geschmack gekommen, was bei der enormen Fruchtmenge aber keinerlei Problem darstellt und uns eher freut. Es ist bei weitem genug für uns alle da und in den oberen Höhen kommen wir ja eh nicht ran. Mit der Fruchtreife fallen die Früchte dann aber herab und wir können diese auch einsammeln. Meine Erinnerungen kamen uns hier zu Gute, wir pflanzten den Baum vorsorglich wegen der herabfallenden Früchte mitten in den Garten und so gibt es bei uns keinen Fleckenalarm am Boden oder auf einer Gartengarnitur und auch nicht in Nachbars Garten. 

Zu den tollen Früchten kommt noch der geniale Reifeprozess. Der Baum liefert über ca. 1 Monat ständig neue Früchte und so konnten wir uns im letzten Jahr von Ende Mai bis Mitte Juli ständig täglich richtig satt naschen. Auch die Gartenvögel hatten ihre große Freude daran, denn zu dieser Zeit gibt es noch nicht viel Obstangebot in den Gärten. Und noch etwas sollte erwähnt werden: Da die Maulbeere immer wieder auch in geringen Höhen direkt aus dem Stamm austreibt und gleich Früchten liefert, muss man dem Baum zum Ernten nicht in die Höhe folgen und dabei gefährliche Kletterpartien riskieren. 

2018 war ein perfektes Maulbeerjahr – es passte einfach alles. Denn es gibt eines, worauf auch die Maulbeere empfindlich reagiert – späte Fröste sind der Schrecken. Obwohl die Maulbeere vorsorglich erst sehr spät austreibt bleibt deshalb immer ein Hoffen, dass danach starke Fröste ausbleiben bis die Eisheiligen vorbei sind – so war es 2018 – ein echter Segen. Aber selbst wenn der Baum von späten Frösten zurückgeworfen wird, macht er vor allem den Spatzen Freude, die mit fröhlich lautem Getschilp den feinen Bast von jungen Ästen ziehen und damit ihre Nester für die zweiten Generation auskleiden. Die ersten Jungen fühlen sich im dichten Geäst auch recht sicher. Ein ziemlich quirliges Treiben im ganzen Baum – so ist es gerade bei uns da wir in diesem Frühjahr leider eine solche Frostnacht (-5 °) hatten. Zumindest die unteren, etwas geschützten Blüten/Früchte die am ganzen Baum schon in großer Anzahl vorhanden waren, scheinen dies dennoch ganz gut überstanden zu haben.

Da ich Pflanzen aber gerne auch einfach nur betrachte und beim Entwickeln und Wachsen beobachte, sind mir die in Form und Größe sehr unterschiedlichen Blätter der Maulbeere schnell aufgefallen, die teilweise den Blättern der Feige zum Verwechseln ähnlich sehen. Auch die Tatsache, dass scheinbar mit der Blüte fast gleichzeitig die Frucht erscheint und diese nach und nach neu hervorkommen, hatte mich an den Feigenbaum erinnert. Ich informierte mich und mein Verdacht wurde bestätigt: beide Pflanzen gehören zur Familie der Maulbeergewächse. Feigenbaum und Maulbeerbaum sind somit eng verwandt.

Über die Sommermonate bietet der Baum ein herrlich erfrischendes Blätterdach das im Herbst in ein wunderschönes Goldgelb übergeht und lange am Baum verbleibt – wenn der Winter nicht zu plötzlich hereinbricht. Das herabfallende Laub darf bei uns liegen bleiben, auch der Igel findet darin noch allerhand Brauchbares. Da es sich um ein sehr zartes Laub handelt, verschwindet es schnell restlos im Boden und da freuen sich noch die Regenwürmer. 

Ein Baum der uns jedes Jahr einfach nur Freude bereitet und uns ganz nebenbei immer wieder an einen lieb gewonnenen Ort erinnert.

Die saftigen und zarten Blätter der Weißen Maulbeere sind die Nahrung der Seidenspinnerraupen, und so  gelangten Maulbeerbäume für die Seidenproduktion auch nach Deutschland. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Seidenraupenzucht durch günstigere Importe aus Asien in Deutschland unrentabel. Ein Überbleibsel aus diesen Zeiten ist unter anderem eine ca. 750 Meter lange Maulbeerbaum-Allee in Darmstadt, die heute ein Naturdenkmal ist. 

Von: Angela Streck, Dienstag, 14. Mai 2019 - Aktualisiert am Mittwoch, 23. Oktober 2019

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