Höher, enger, dichter – Nachverdichtung am Reichelsdorfer Keller um jeden Preis?
Nürnberg, Reichelsdorfer Keller - Insgesamt über 330 neue Wohneinheiten – 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen und 22 Einfamilienhäuser – sollen in den nächsten Jahren auf der ehemaligen Radrennbahn und auf dem Gelände des früheren Tanzlokals Reichelsdorfer Keller entstehen.
Eine verdichtete Bebauung auf dem Areal der Radrennbahn ist von der Stadt gewünscht. So wird die Einwohnerdichte mehr als doppelt so hoch sein als im Hochhausareal von Langwasser-Nordwest oder über 10-mal höher als im heutigen Katzwang (Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, 2020).
Aufgrund der nahegelegenen S-Bahn- und Bus-Haltestelle setzt die Stadt darauf, dass etliche der zukünftigen Bewohner gänzlich auf einen eigenen PKW verzichten werden. Es ist daher von der Stadt vorgegeben, dass pro Wohneinheit nur 0,8 Stellplätze zur Verfügung stehen sollen. Für die aktuell geplanten 250 Wohneinheiten auf der Radrennbahn sind damit nur 200 Tiefgaragenstellplätze vorgesehen. Viele Anwohner am Reichelsdorfer Keller halten dies – zusammen mit der enormen Bebauungsdichte – für höchst bedenklich und befürchten nicht zuletzt eine massive Beeinträchtigung durch eine ständige Parkplatzsuche von Pkw, denen kein eigener Parkplatz zur Verfügung stehen wird.
Vor diesem Hintergrund wurde im Mai 2020 die Quartiersinitiative Reichelsdorfer Keller gegründet. Sie setzt sich unter anderem dafür ein, dass Dimension und Höhe der Bebauung an die benachbarten Häuser angepasst und eine angemessene Zahl an Tiefgaragenstellplätzen – mindestens einer pro Wohneinheit – geplant werden.
Ein zentrales Ziel der Quartiersinitiative Reichelsdorfer Keller ist eine dem Ortsteil Katzwang entsprechende Bebauung. Eine Einwohnerdichte, wie sie in nur wenigen gewachsenen stadtnahen Quartieren der Nürnberger Südstadt (über 15.000 Bewohner pro km²) existiert, darf nicht Vorbild für die geplante Neubebauung in Katzwang sein.
Die über viele Jahre entstandene besondere Identität des Ortsteils Reichelsdorfer Keller darf durch eine kurzfristig gedachte, ortsunübliche Nachverdichtung nicht verloren gehen. Noch ist es nicht zu spät, ein identitätserhaltendes Bebauungskonzept zu erstellen, das auch in Zukunft Akzeptanz findet und Wohnqualität bietet.
ÖPNV ist bedingt attraktiv, eigener PKW weiterhin im Trend
Die S-Bahn-Haltestelle am Reichelsdorfer Keller existiert seit 20 Jahren, die Buslinie in Katzwang noch länger. Im Grunde existiert also eine akzeptable Anbindung vor Ort. Und trotzdem gibt es bei den 10.817 Einwohnern in Katzwang 6.440 PKW! Diese verteilen sich auf 5.271 Haushalte (Stadt Nürnberg, Amt für Statistik, Stand 31.12.2018). Im Schnitt hat somit jeder Haushalt rund 1,2 PKW.
Gerade von Schülern und Berufstätigen, die ihren Arbeitsplatz gut und in annehmbarer Zeit mit S-Bahn oder Bus erreichen, wird der ÖPNV regelmäßig genutzt, auch wenn Schüler sich in den Zeiten zwischen 7 und 8 Uhr morgens in häufig überfüllte S-Bahnen drängen. Außerhalb dieser Zeiten ist die S-Bahn für schnelle Fahrten in die Innenstadt eine sinnvolle Alternative zum Auto, besonders, wenn man fußläufig an der S-Bahn-Haltestelle wohnt oder diese schnell mit dem Fahrrad erreichen kann.
Es ist auch für die Zukunft unrealistisch, anzunehmen, dass künftige Bewohner der Wohnungen und Häuser auf der Radrennbahn auf einen eigenen PKW gänzlich verzichten werden. Und auch Mieter von geförderten Wohnungen verfügen gleichermaßen über Pkw. Ohne vorhandene Stellplätze sind künftige Bewohner der Radrennbahn dazu gezwungen, auf die benachbarten schmalen Straßen auszuweichen, was die prekäre Parksituation – auch im Umfeld der S-Bahn-Haltestelle – weiter verschärfen wird. Verkehrslärm, Abgase sowie Staus bei der Einfahrt auf die Vorjurastraße zu den Hauptverkehrszeiten sind vorprogrammiert.
Neues Quartier - eine Chance für die Kulturprovinz Katzwang?
Mit einem anspruchsvollen Programm, aber in einer räumlich sehr beengten Immobilie existiert seit 25 Jahren das KaKuze (Katzwanger Kulturzentrum). Größere Theater- und Musikveranstaltungen, auch von örtlichen Gruppen, sind deshalb provisorisch nur in einer Sporthalle und in den beiden Kirchen möglich. Deshalb würden es die Katzwanger sehr begrüßen, wenn die Stadt die Chance ergreifen würde, Katzwang einen angemessenen Veranstaltungsraum zur Verfügung zu stellen.
Noch besteht die Chance, in einem der geplanten Komplexe an der Vorjurastraße eine Etage für einen multifunktionalen Veranstaltungsraum einzurichten. Deshalb sind wir in engem Austausch mit der Stadt (Baureferat, Kulturreferat, Amt für Kultur und Freizeit). Gut vorstellbar wäre die Übernahme der Funktion des Betreibers durch das bestehende Katzwanger Kulturzentrum KaKuze. Auch Kooperationen, z.B. mit dem Gostner Hoftheater, Nürnberger Bildungszentrum, mit der Musikschule und mit den Nürnberger Kindertheatern wären denkbar. Kombiniert mit einem Café/Bistro wäre dies eine Einrichtung auf der ehemaligen Radrennbahn, die von den Anwohnern gerne angenommen würde. Die Stadt Nürnberg könnte damit auch ihren südlichsten, manchmal etwas vergessenen Nürnberger Stadtteil aus dem kulturellen Dornröschenschlaf holen.
Weitere Seiten zum Thema: