IBgW: Trotz Corona „Not-Gemeinderat“ keine Dauerlösung
Wendelstein - Wendelsteiner Bürger haben sich angesichts der offenbar noch Monate dauernden Corona-Pandemie für ein Ende der „Not-Gemeinderats“-Praxis ausgesprochen. Auch Corona rechtfertige nicht auf Dauer Einschränkungen demokratisch gewählter Gremien, wie dem Wendelsteiner Gemeindeparlament, betonten Vertreter der Initiative „Bürger gestalten Wendelstein“ jüngst in einem Gespräch mit Bürgermeister Werner Langhans (CSU). In vergangenen Monaten hatte wiederholt der achtköpfige Haupt- und Finanzausschuss die Aufgabe des 24-köpfigen Gemeinderats übernommen.
Die IBgW-Vertreter betonen in einer nach dem Gespräch veröffentlichten Pressemitteilung, sie erkannten durchaus die Verantwortung des Bürgermeisters für die Gesundheit der Gemeinderäte und aller daran Beteiligten an. Aber nicht zuletzt die konstituierende Sitzung des Marktgemeinderats im Mai habe deutlich gemacht, dass der Infektionsschutz und das hohe Gut uneingeschränkter demokratischer Willensbildung bei entsprechender Örtlichkeit sehr wohl miteinander vereinbar seien. Der Gemeinderat hatte zum Auftakt der neuen Wahlperiode in der Dreifach-Turnhalle des Wendelsteiner Gymnasiums getagt. Dass dies funktioniere, zeige auch das Beispiel von Städten und Gemeinden in der Nachbarschaft.
Die „Not-Gemeinderats“-Praxis schließe nicht nur zwei Drittel der Gemeinderatsmitglieder aus – darunter etliche neu in das Gremium gewählte Kommunalpolitiker – sondern bilde mit seinen lediglich acht Mitgliedern die Gemeinderatsmehrheit nur unzulänglich ab, hob IBgW-Sprecherkreis-Mitglied Klaus Tscharnke hervor. Vor allem die drei kleineren Parteien würden dadurch benachteiligt. Was aber besonders schwer wiege: Strenge Hygiene-Regeln im engen Sitzungssaal beschränkten den Zugang der Öffentlichkeit. Bei den „Not-Gemeinderats“-Sitzungen sei wegen der Abstandsregeln gerade mal Platz für fünf bis sechs Besucher.
Bürgermeister Langhans verwies hingegen auf die besondere Verantwortung der Gemeinde in Corona-Zeiten. Zudem habe es in vergangenen Monaten immer wieder Sitzungen des kompletten Gemeinderats gegeben. „Drei von sechs Sitzungen haben im Plenum stattgefunden“, zitierte die IBgW Langhans. Eine Rückkehr zu der Praxis in Vor-Corona-Zeiten könne er sich im Moment schwer vorstellen, wohl aber dass im Schnitt jede zweite Gemeinderatssitzung im Plenum stattfinde. Wendelstein stützt sich unter anderem auf Empfehlungen des bayerischen Innenministeriums während des Corona-Lockdowns im Frühjahr. Seinerzeit waren die Gemeinden angehalten worden, „Entscheidungsbefugnisse vorerst möglich weitgehend auf einen oder mehrere beschließende Ausschüsse zu verlagern“.
Nachbargemeinden haben nach IBgW-Recherchen dagegen in der laufenden Wahlperiode trotz Corona keineswegs auf Plenumssitzungen verzichtet. So tagt der Schwanstettener Marktgemeinderat seit Monaten im Plenum. Auch für den November und Dezember hat Bürgermeister Robert Pfann (SPD) Plenumssitzungen des Kommunalparlaments angeordnet. Zur Einhaltung der Hygieneregeln tagt das Gremium in einer örtlichen Schule. Gleiches gilt in Feucht: Statt „Not-Gemeinderat“ finden Gemeinderatssitzungen weiterhin im Plenum statt. Getagt wird in der örtlichen Reichswaldhalle. Und auch in Schwabach lenkt anders als in Wendelstein trotz Corona nicht ein Schrumpf-Stadtparlament die Geschicke der Goldschlägerstadt, sondern der gesamte Stadtrat.
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