IBgW vermisst CSU-Willen zum Gemeinderats-Miteinander
Wendelstein - Gerade noch hatte Wendelsteins Bürgermeister Werner Langhans (CSU) ein „Miteinander“ im Marktgemeinderat beschworen, da demonstrierte seine Fraktion schon Minuten später, wie wenig sie selbst davon hält: Mit der Weigerung, eine Vertreterin der größten Oppositionspartei in die dreiköpfige Bürgermeister-Riege aufzunehmen, folgten die Christsozialen einer überkommenen Wendelsteiner Tradition statt zum Wohl der Bürger die Kooperation mit der Rathaus-Opposition zu suchen, bedauert die Initiative „Bürger gestalten Wendelstein“ (IBgW) in einer Mitteilung. „Damit werden im Gemeinderat von Anbeginn Gräben aufgerissen“, fürchtet die parteiunabhängige Ortsinitiative. Sie bemüht sich seit Jahren als kritisch-konstruktiver Beobachter um mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit in der Wendelsteiner Kommunalpolitik.
Zum Hintergrund: In vielen Kommunen, auch Nürnberg und Schwabach, ist es teils seit Jahrzehnten üblich, eine der Bürgermeisterpositionen oder wichtige Referentenstellen mit Oppositionsvertretern zu besetzen. Damit setzen Bürgermeister mit politischem Instinkt darauf, bereits in der frühen Phase – nämlich bereits in der Vorabstimmung auf Verwaltungsebene – eine von der breiten Gemeinderatsmehrheit getragene Lösung zu finden. Nicht jedoch die CSU-Fraktion in Wendelstein: Denn statt die SPD-Gemeinderätin Dr. Anja Tobermann zur Dritten Bürgermeisterin zu wählen, verhalfen die Christsozialen ausgerechnet der zweitkleinsten Fraktion, der FW, mit der Wahl von Dr. Jörg Ruthrof gemessen am Wahlergebnis zu unverhältnismäßig viel Einfluss.
Was so manchen Bürger auf den Zuschauerbänken überraschte: Dass ausgerechnet eine Politikerin, wie CSU-Fraktionschefin Cornelia Griesbeck die Wahl einer Frau in das Bürgermeisteramt verhinderte, die ansonsten als Vorsitzende der mittelfränkischen CSU-Frauen-Union unentwegt für mehr Frauen in politischen Ämtern wirbt. Mit Tobermann wäre zudem eine erfahrene Klinikärztin an die Verwaltungsspitze gerückt – in Corona-Zeiten sicher kein Nachteil.
Dass man sich mit der Wahl von Ruthrof die konsequente Unterstützung „erkauft“, mag aus Sicht der ohne eigene Mehrheit ausgestatteten CSU verständlich erscheinen. Die neue Fraktionsgemeinschaft aus Freien Wählern und der FDP müsse sich freilich von den Bürgern die Frage gefallen lassen, ob sie nun tatsächlich die Chance nutzt, sich als innovatives Korrektiv der Bürgermeister-Partei zu profilieren oder sich lediglich als vasallenhafte CSU-Unterstützer sieht, gibt die Ortsinitiative zu bedenken. „Nicht vermeintlicher Loyalitätszwang, sondern der Wettstreit der Ideen bringt Wendelstein weiter“, ist IBgW-Sprecherin Kristin Seelmann überzeugt.
Ansonsten begrüßt die IBgW die von Bürgermeister Langhans angekündigten Pläne für den Bau gemeindeeigener Sozialwohnungen. In diesem Punkt bestehe in Wendelstein großer Bedarf. Und auch mit dem von ihm skizzierten künftigen Schwerpunkten „Umwelt- und Nachhaltigkeit“ und „Senioren und Inklusion“ habe das Gemeindeoberhaupt sicherlich wichtige Aspekte im Blick. Nachvollziehbar ist es aus IBgW-Sicht auch, die bisherige engagierte Partnerschaftsbeauftragte Doris Neugebauer trotz des Verlustes ihres Gemeinderatsmandats erneut für die Aufgabe zu berufen. Für bedenklich hält die IBgW dagegen das geplante Nein der CSU zur Wiederbesetzung der Umweltbeauftragten-Position mit einem Grünen-Vertreter. Zumindest in diesem Punkt könnte die CSU klar machen, dass sie nicht auf die Opposition pfeife, sondern stattdessen offen sei für neue Ideen jenseits der strengen Fraktionsdisziplin.
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