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ICE-Werk: Das Finale steht noch an

Röthenbach b. St. Wolfgang - Sogar Mauereidechsen gibt es auf der Muna. Etwas größer als Wald- oder Zauneidechsen sind sie, eher grau - und in Bayern eigentlich nicht heimisch. Die wenigen Exemplare hier sind mit Sicherheit nicht von selbst zugewandert, aber sie sind da. Zusammen mit vielen andere Arten, die in Bayern auf der Roten Liste stehen, aber im Bannwald um Muna, Jägersee und Harrlach vorkommen. Libellen, Spechte und Fledermäuse am Jägersee, Ziegenmelker und Auerwild bei Harrlach.

  • Krugsweiher

    Krugsweiher
    © Reichswald bleibt e.V.

  • Reichswald bleibt e.V. auf der Wendelsteiner Kirchweih

    Reichswald bleibt e.V. auf der Wendelsteiner Kirchweih
    © Reichswald bleibt e.V.

  • Übergabe der Einwendungen an die Regierung von Mittelfranken in Ansbach

    Übergabe der Einwendungen an die Regierung von Mittelfranken in Ansbach
    © Reichswald bleibt e.V.

Eine Menge dazugelernt, und das nicht nur in Sachen Artenschutz, haben viele in diesem vergangenen Jahr, seit im August 2021 klar wurde, dass sich auch in Röthenbach Menschen zusammenschließen würden, um einen Kahlschlag monströsen Ausmaßes im Reichswald abzuwehren.

Schon wieder einen.

Wäre es das erste Mal, dass eine der am stärksten geschützten Waldflächen Bayerns, Nürnbergs einzige ernstzunehmende grüne Lunge dazu, von raumgreifenden Infrastrukturprojekten bedroht würde, hätte man der Deutschen Bahn noch einen Unwissenheitsbonus zuschreiben können.

Nur: Sie wussten, was sie tun. Jede Generation hier kann ihre Geschichte der Bannwaldrettung erzählen – vor Mülldeponien, Sandabbau, Industrieansiedlung und auch der Bahn selbst. Die hatte vor exakt 50 Jahren schon den Reichswald nahe der Muna für einen Rangierbahnhof vorgesehen, der ebenso wenig raumverträglich war, wie es ein 45 Hektar großer, gut vier Kilometer langer Schlauch eines ICE-Instandhaltungswerkes ist. 

Immer, wirklich immer kam dabei der vermeintliche Trumpf der Muna-Sanierung zur Sprache. Und jedes Mal verpuffte die Hoffnung auf eine ernst gemeinte Sanierung so schnell, wie dem „Mythos Muna“ ein weiteres Kapitel hinzugefügt wurde.

Immerhin: Die Diskussion um dieses ICE-Werk hat in vielen nicht nur zum Erkenntnisgewinn über die Artenvielfalt in unserer Umgebung, über Klima- und Wasserschutz oder über Lärmschutzgrenzwerte beigetragen – allesamt Erkenntnisse nebenbei, von denen jedes einzelne dieses Werksvorhaben absurd erscheinen lassen muss. Wer es wissen will, kann nun auch einige – längst nicht alle – Geheimnisse der Muna ausleuchten, allen voran jenes Bis(2-chlorethyl)sulfid  - oder Senfgas, oder Lost, oder Gelbkreuz - , das seit 2009 von einem Dichtsarkophag umbaut ist. Dieser – es wurde an dieser Stelle bereits ausführlich darüber berichtet – ist selbstverständlich nicht zur Sanierung vorgesehen. Die Gutachten im Raumordnungsverfahren der Bahn erwähnen das Senfgas noch nicht einmal.

Überhaupt, die Unterlagen. 

Die Bürgerinitiativen wussten um die Wichtigkeit einer intensiven argumentativen Auseinandersetzung mit der Deutschen Bahn, um die Bedeutung einer vielgestaltigen Information und Aufklärung aller, die von diesem Thema betroffen sind. Daher gab es Informationsveranstaltungen in Röthenbach (zuletzt im Mai, mit Beginn des Raumordnungsverfahrens), geführte Touren im Bereich des projektierten Bahngeländes nördlich des Jägersees, Präsenz bei Marktgemeinderatssitzungen und Bürgerfesten, Kontakte zu Politiker aller Parteien im demokratischen Spektrum, Demonstrationen am Jägersee, in Harrlach und am Hafen. Und Treffen, in denen viele sich einbrachten und Informationen aus ihren Bereichen teilten, die zur Vorbereitung auf das fundierte Schreiben von Einwendungen unerlässlich waren und viele Bürger*innen überzeugten, selbst tätig zu werden. Deshalb war „Reichswald bleibt e.V.“ auch auf der Wendelsteiner Kirchweih vertreten, deshalb halfen wir bei Einwendungen, deshalb auch hat der Verein eine in solchen Fragen bewanderte Anwaltskanzlei beauftragt, um die Unterlagen zum Raumordnungsverfahren auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen.

Und dann das.                          

Nach Meinung der Anwälte und jener, die sich in ihrem politischen Leben mit Raumordnungsverfahren auseinandergesetzt haben, zeugen die Unterlagen der Bahn von einem gerüttelt Maß Chuzpe. Vielleicht sogar Dreistigkeit, denn mit einer derart lückenhaften, und ungenauen „Bewerbung“ war nicht zu rechnen. Die Folge ist, dass nicht nur dem Schreiben der Anwaltskanzlei zu entnehmen ist, wie raumunverträglich das ICE-Vorhaben ist. 

Auch die beindruckenden 22.000 Einwendungen, die der Regierung von Mittelfranken übermittelt und größtenteils sogar persönlich übergeben wurden, werden Wirkung zeigen. Etwa 7.000 davon sind im Übrigen Einzeleinwendungen und beleuchten die viele Aspekte, die so eindeutig gegen dieses Werk im Bannwald sprechen, klar, aber sachlich – und eben nicht nach dem Floriansprinzip, das von einigen immer noch vorgebracht wird. Es werden aber immer weniger, und auch die gerne angebrachten 450 Arbeitskräfte haben ihre argumentative Kraft eingebüßt, wenn man die Qualität dieser Arbeitsplätze beleuchtet, zumal in einer Region mit noch 2% Arbeitslosenquote. Freilich: Das Schaffen von Arbeitsplätzen aller Qualifikationsstufen ist bedeutsam, aber das gilt für ganz Deutschland, insbesondere auch die Orte, an denen kein Bannwald zu ihrer Schaffung zerstört werden muss.

Und jetzt?

In der Tat pausiert die sichtbare Aktivität der Bürgerinitiative über die Ferienzeit etwas. Die Einwendungsfirst ist mit dem 30.06. grundsätzlich vergangen. Auch die Marktgemeinden Wendelstein und Feucht haben mit Einwendungen deutlich gemacht, dass eine sinnvolle Verkehrswende nicht mit einem ICE-Werk in geschütztem Bannwald umgesetzt werden kann. Ein Ergebnis aus Ansbach ist nicht vor dem Winter zu erwarten. Trotzdem ist das Thema längst nicht vom Tisch.

Selbst mit einer attestierten Raumunverträglichkeit aller drei Standorte könnte die Deutsche Bahn ins Planfeststellungsverfahren gehen – dann allerdings mit juristisch und argumentativ nochmals deutlich verstärktem Gegenwind.

Bis dahin wird es auch noch Aktionen seitens der Bürgerinitiative geben. Der Bannwald bleibt im Gespräch, und vielleicht nutzen einige die Zeit, die nicht mehr für das Schreiben von Einwendungen benötigt wird, für einen Spaziergang im Jägerseeforst oder auch bei Harrlach.

Vielleicht, mit ganz viel Geduld und Glück, entdeckt man in einer Sandsteinspalte eine etwas größer geratenen, silbergrau schimmernde Eidechse.

Einer schönen Gruß von „Reichswald bleibt“ e.V.

Wenn es nach uns geht, darf sie gerne hierbleiben.

      

Von: Georg Spiegel (Reichswald bleibt e.V.), Montag, 11. Juli 2022
Weitere Informationen, Artikel und Termine von »Reichswald bleibt e.V.« finden Sie unter: www.meier-magazin.de/reichswald_bleibt

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