Impfdrängler-Fall: IBgW beklagt mangelnde Aufklärung
Wendelstein - Der ihrer Ansicht mangelnde Aufklärungswille der Gemeinde Wendelstein im Impfdrängler-Fall hat jetzt Wendelsteiner Bürger auf den Plan gerufen. Wie die jüngste Erklärung von Bürgermeister Werner Langhans (CSU) im Haupt- und Finanzausschuss zeige, habe die Verwaltungsspitze offensichtlich kein großes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung des Impfdrängler-Falls, beklagt die Initiative „Bürger gestalten Wendelstein“ (IBgW) in einer Pressemitteilung. Insbesondere die Rolle von Zweiten Bürgermeister Willibald Milde (CSU) bleibe beim Impfdrängler-Fall im Dunkeln, beklagt die parteiunabhängige Ortsinitiative in ihrer abschließenden Bewertung. Darauf deuteten jüngste Informationen der Grünen und der SPD im Gemeinderat hin.
Zur Erinnerung: Bei einer Impfaktion in der Wohnanlage für betreutes Wohnen der gemeindeeigenen Wendelsteiner Immobilien Bau- und Service GmbH (WIBS) am 28. Januar – einem Zeitpunkt mit extremem Impfstoff-Mangel, in dem es auf jede einzelne Dose ankam – hatte der Wendelsteiner Kämmerer Stefan Zeltner in seiner Funktion als WIBS-Geschäftsführer zwei in Pyrbaum (Landkreis Neumarkt) lebende nahe Angehörige mit angeblich übrig geblieben Impfdosen gegen Corona immunisieren lassen. Für den Verstoß der Impfreihenfolge hat er sich inzwischen öffentlich entschuldigt. Eine Verwicklung von WIBS-Generalbevollmächtigten und Zweiter Bürgermeister Willibald Milde in den Impfdrängler-Fall hatte Erster Bürgermeister Werner Langhans dagegen bestritten.
Für Irritation sorgten daher in den vergangenen Tagen unwidersprochen gebliebene Berichte der Wendelsteiner Grünen im „Schwabacher Tagblatt“ unter Berufung auf Informationen aus dem WIBS-Wirtschaftsrat. Dieser sollte den Impfdrängler-Fall untersuchen. Danach hat, so die Grünen unter Verweis auf Angaben von Mildes Anwalt, der Zweite Bürgermeister weitere vier nicht im WIBS-Wohnheim lebende Personen mit angeblich übrig geblieben Dosen impfen lassen. Diese Angaben hat inzwischen auch die Wendelsteiner SPD-Fraktion im IBgW-Gespräch bestätigt. „Das überrascht uns sehr, weil zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Impfdrängler-Falls davon nie die Rede war“, wundert sich IBgW-Sprecherkreis-Mitglied Klaus Tscharnke. „Wenn ja, dann wäre das ein zweiter Verstoß gegen die Impfreihenfolge. Was stimmt nun?“ fragt er.
Bürgermeister Langhans ließe derweil einen schriftlichen Fragenkatalog der IBgW dazu unbeantwortet. Auch auf die Frage, in welchen Verhältnis die nicht zu den Heimbewohnern gehörend Geimpften zu Herrn Milde standen, blieb er eine Antwort schuldig. In einer Mail an die IBgW hieß es lediglich: „Die Aussagen der Grünen kann ich so nicht bestätigen“. Im Übrigen hätten alle seinerzeit Geimpfte der Prioritätsstufe eins angehört, betonte Langhans.
Erschwerend kommt aus IBgW-Sicht hinzu, dass – wie aus einem Antwortschreiben von Mildes Anwalt an den WIBS-Wirtschaftsrat hervorgeht – die übrig gebliebenen Impfdosen am Impftag keineswegs überraschend anfielen, sondern es sich um Impfreste mit Ankündigung gehandelt habe. So räumt Mildes Anwalt in dem Schreiben an den WIBS-Wirtschaftsrat nach IBgW-Informationen ein, bereits im Vorfeld der geplanten Impfung im WIBS-Wohnheim habe die impfende Firma Vitolus angekündigt, „dass bei der Impfung vier Dosen übrig bleiben werden“. Damit, so die IBgW habe also für die beiden WIBS-Manager Zeltner und Milde genügend Vorlauf bestanden, sich um die ordnungsgemäße Verimpfung an Menschen auf der Reserveliste des Landratsamtes zu kümmern.
Denn dass es bereits am 28. Januar und früher Regelungen und Reservelisten für den Fall übrig gebliebener Impfdosen gegeben hat, hat jetzt das Landratsamt entgegen anderslautender Angaben von Erstem Bürgermeister Langhans noch einmal ausdrücklich bestätigt.
In einer Antwort der Kreisbehörde vom 6. Mai auf die Anfrage eines Wendelsteiner Bürgers über das Behörden-Anfrageportal „FragDenStaat“ (liegt der IBgW vor) heißt es: Zum Zeitpunkt der Impfung in dem WIBS-Heim „waren von Ministerium bereits einzelne mögliche Reservegruppen benannt worden. Dazu zählten u.a. Ärzte, Polizisten und andere. Von dieser Reservegruppe hatte auch die Firma Vitolus (sie betreibt das Rother Impfzentrum) Kenntnis. Das Landratsamt hatte zusätzlich eine konkrete Reserveliste an die Firma Vitolus übersandt“. Um zu verhindern, dass Restdosen „verworfen“ werden, habe bereits im Dezember 2020 die Vorgabe bestanden, „vorrangig aus Personen aus den Reservegruppen“ zurückzugreifen, heißt es abschließend in der Antwort der Behörde – „und nicht auf willkürlich ausgewählte Personen etwa aus dem persönlichen Umfeld von Wohnheim-Managern“, ergänzt die IBgW. Sie tritt unter anderem für mehr Bürgerbeteiligung sowie Transparenz in der örtlichen Kommunalpolitik ein.
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