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Private Brauereien kämpfen seit 2004 gegen unverhältnismäßige Änderung der Biersteuermengenstaffel an

München - Rund 5.000 verschiedene Biere von 1.284 Brauereien, etwa 90 Prozent davon Klein- und mittelständische Betriebe: Deutschland ist ein Bierland. Aber diese Vielfalt ist in Gefahr, denn vor elf Jahren hat die Bundesregierung beschlossen, die Steuersätze in der Biersteuermengenstaffel zu erhöhen – und zwar nur für die kleineren Betriebe, die Großbrauereien sind davon verschont geblieben. Was das für die betroffenen Unternehmen heißt? Wettbewerbsverzerrung, Investitionsstau und im Ernstfall erhebliche finanzielle Probleme. Für die von den Privaten Brauereien Bayern unterstützte klagende Brauerei fühlt es sich an wie ein Kampf gegen Windmühlen. Und noch immer ist kein Ende in Sicht, denn der zweite Senat, der beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für den Fall zuständig ist, schiebt die Bearbeitung bereits seit 2013 vor sich her und lässt die Brauereien damit im Ungewissen, wie sie in Zukunft ihre Investitionen tätigen sollen. Betroffen davon ist auch die mittelfränkische Landwehr-Bräu in Reichelshofen, die vom Präsidenten der Privaten Brauereien Bayern, Gerhard Ilgenfritz, geführt wird.

  • Die Brauerei Landwehr-Bräu in Reichelshofen hat durch die Steuermehrbelastung der letzten elf Jahre etwa 160.000 bis 180.000 Euro an Umsatzeinbußen zu verzeichnen, sodass Investitionen nach hinten geschoben werden mussten.

    Die Brauerei Landwehr-Bräu in Reichelshofen hat durch die Steuermehrbelastung der letzten elf Jahre etwa 160.000 bis 180.000 Euro an Umsatzeinbußen zu verzeichnen, sodass Investitionen nach hinten geschoben werden mussten.
    © Landwehr-Bräu

Schon seit die Menschheit am Gerstensaft Geschmack gefunden hat, hat Bier die Massen polarisiert und bisweilen sogar zu Revolten geführt wie etwa 1844 während der „Ersten Bierrevolution“ in München, die König Ludwig I. dazu zwang, eine Bierpreiserhöhung zurückzunehmen. Inzwischen geht das Volk aber nicht mehr wegen höherer Bierpreise oder -steuern auf die Straße. Selbst die jährliche obligatorische Erhöhung des Preises für eine Maß auf dem Oktoberfest wird zwar heiß diskutiert, führt aber nicht zu Aufständen. Hinter den Kulissen wird dagegen wie eh und je gekämpft, denn der Streit um die Biersteuer beschäftigt die Brauereien bereits seit elf Jahren – und noch immer ist kein Ende in Sicht.

Kleine und mittelständische Brauereien haben etwa 15.000 bis 30.000 Euro weniger pro Jahr zur Verfügung

Historisch betrachtet ist die Biersteuer so alt wie das Bier selbst, denn Abgaben mussten die Brauereien bereits im Mittelalter zahlen. Seit 1993 besteht die Biersteuer in der heutigen Form und ist wie die Lohnsteuer gestaffelt, damit kleinere Unternehmen mit einem Ausstoß von weniger als 200.000 Hektoliter pro Jahr im Vergleich zu großen Braustätten, die durch die Massenherstellung weitaus günstiger produzieren können, nicht benachteiligt werden. 2003 wurde diese Staffelung der Biersteuer geändert. Seitdem werden ausgerechnet die kleineren und mittelständischen Brauereien – die ja 90 Prozent aller Brauereien in ganz Deutschland ausmachen – finanziell erheblich stärker belastet; die größeren Brauereien sind von einer Steuererhöhung verschont geblieben. Für eine typisch bayerische mittelständische Brauerei macht die Mehrbelastung zwischen 15.000 und 30.000 Euro im Jahr aus.

„Das ist für den gesamten Mittelstand im harten Konkurrenzkampf mit den Großbrauern eine enorme Wettbewerbsverzerrung“, erläutert Dr. Werner Gloßner, Geschäftsführer der Privaten Brauereien Bayern. „Die Großen haben enorme Produktivitätsvorteile bei der Bierherstellung, die sie auch durch ständige Preisaktionen im Markt einsetzen. In diesem harten Verdrängungswettbewerb belastet natürlich die zusätzliche Kostenbelastung im fünfstelligen Eurobereich ein kleines Familienunternehmen sehr stark“, so Gloßner weiter.

Mitgliedsbrauerei reicht 2004 Klage ein
Im Jahr 2004 hat eine Mitgliedsbrauerei mit Unterstützung des Verbandes der Privaten Brauereien Bayern Klage erhoben, da sie die Änderung der Biersteuerstaffelung als verfassungswidrig betrachtet. Von da an begann eine regelrechte Odyssee durch das deutsche Rechtssystem, die seit Jahren pausiert, da der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, der für das Verfahren zuständig und in seiner Themenwahl frei ist, das Thema vor sich her schiebt. Währenddessen zahlen die Braustätten unverhältnismäßig hohe Steuern.

„Bei der Biersteuer handelt es sich zwar um eine Bundessteuer, die vom Bundestag festgelegt wird, sie steht aber zu 100 Prozent den Länderhaushalten zu. Das Schizophrene an dieser Regelung ist, dass Länder wie beispielsweise Bayern nicht eigenständig diese Erhöhung, die ja nur den Mittelstand und damit in erster Linie bayerische Brauereien betrifft, zurücknehmen können“, erklärt Gloßner. 2009 stellte Bayern genau diesen Antrag, und wurde von Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, in denen es nahezu keine betroffenen mittelständischen Brauereien gibt, überstimmt.

Mehrbelastung führt zu Investitionsstau bei Unternehmen
Die Landwehr-Bräu aus Reichelshofen in Mittelfranken, wo die Mehrbelastung der letzten elf Jahre mit 160.000 bis 180.000 Euro zu Buche schlägt, hat die Steuererhöhung dagegen am eigenen Leib erfahren. „Das hat – außer der Einschränkung der Liquidität – mit sich gebracht, dass Investitionen zum Teil schon zeitlich nach hinten geschoben wurden“, erklärt Gerhard Ilgenfritz, Präsident der Privaten Brauereien Bayern und Geschäftsführer der Landwehr-Bräu. Ein Effekt, der sich gerade im technischen Bereich nachhaltig auswirke. Das bestätigt auch Gloßner mit einem Beispiel. „Der Umbau eines Sudhauses, um ein energiesparendes Kochsystem einzuführen, ist in einer typischen mittelständischen Brauerei erfahrungsgemäß bei rund 200.000 Euro anzusetzen. Die Zahlungen für Zins und Tilgung für ein Darlehen in dieser Höhe liegen je nach Laufzeit zwischen 20.000 und 30.000 Euro pro Jahr – das ist der Bereich der Biersteuererhöhung. Im Ergebnis heißt das nichts anderes als dass eine derartige Investition in diesen Betrieben unterblieben ist.“ Dieser Verzicht bleibe aber nicht folgenlos, denn die Brauerei bezahle dadurch höhere Energiekosten. Außerdem kämen beim Altsystem stark erhöhte Instandsetzungsaufwendungen hinzu.

Brauereien und Verband hoffen auf Wiedereinführung des alten Systems
Auch angesichts immer strengerer Auflagen durch die EU, die Lebensmittelgesetzgebung und Hygienevorschriften sind die Investitionen unbedingt notwendig. Die Kostensteigerung durch die Steuer, die rund ein Prozent des Umsatzes der kleineren Brauereien beträgt, kann daher enorme Auswirkungen haben: Wenn Investitionen zurückgestellt werden müssen, belastet das die Zukunftsfähigkeit der Betriebe, weil zum Beispiel energiesparende Sudsysteme, neue Leitungen, Pumpen oder Tanks nicht angeschafft werden oder notwendige Gebäudesanierungen unterbleiben. Da auch der Biermarkt in den letzten 20 Jahren um mehr als 20 Prozent geschrumpft ist und die Preise durch die Aktionen der Großunternehmen enorm unter Druck sind, ist die finanzielle Situation in vielen Betrieben angespannt.

Deshalb erhofft sich Gloßner vom Ausgang des Prozesses, dass das alte Besteuerungssystem wieder eingeführt wird. „Die Politik muss sich an dieser Stelle wirklich vorhalten lassen, dass die stets gepriesene Mittelstandsförderung nichts mit der Realität zu tun hat“, meint der Geschäftsführer der Privaten Brauereien. „Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat das Verfahren seit mehr als zwei Jahren auf seiner öffentlich zugänglichen Liste von Prozessen, die demnächst begonnen werden. Aber der Begriff ‚demnächst’ ist höchst dehnbar. Man weiß nicht, wann es endlich losgeht und unsere mittelständischen Brauereien zahlen Jahr für Jahr.“

Landwehr-Bräu-Chef Ilgenfritz pflichtet Gloßner bei. Auch er erwartet eine Wiederherstellung des alten Steuersystems dahingehend, dass die Wettbewerbsnachteile wieder aufgehoben werden. Ebenfalls rügt er das deutsche Rechtssystem. „Grundsätzlich stellt sich mir die Frage, warum das höchste deutsche Gericht sich nicht zeitnah mit einem gravierenden Problem eines mittelständischen Wirtschaftszweiges befasst. Trotz anderweitiger immer wieder zum Ausdruck gebrachter Bekundungen scheint es mir so, als hätte die Politik den Mittelstand aufs Abstellgleis gestellt.“

LANDWEHR-BRÄU Wilhelm Wörner GmbH und Co. KG
Reichelshofen 31, 91628 Steinsfeld
Tel.: 09865 989-0, Fax: 0 9865 989-686
E-Mail: hotel@landwehr-braeu.de
Internet: www.landwehr-braeu.de

 

Private Brauereien Bayern e.V.
Thomas-Wimmer-Ring 9, 80539 München
Tel.: 089 290956-0, Fax: 089 220179
E-Mail: info@private-brauereien-bayern.de
Internet: www.private-brauereien.de
www.european-beer-star.de

Von: Susanne Fricke (Pressebüro), Donnerstag, 12. November 2015
Weitere Informationen, Artikel und Termine von »Private Brauereien Bayern e.V. « finden Sie unter: www.meier-magazin.de/firma/private-brauereien-bayern-ev-/2422
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