× Archiv der gedruckten Ausgaben Erscheinungstermine & Redaktionsschluss Auflage, Verbreitungsgebiet, Zustellung Artikel / Termine Einreichen Ansprechpartnerin Redaktion Mediadaten / Preisliste Ansprechpartner für Gewerbe Newsletter abonnieren
× Für Gewerbe Beratung anfordern Ansprechpartner für Gewerbe Ihre Werbung auf meier-magazin.de Kostenloser Brancheneintrag Newsletter abonnieren
Für alle Besucher*innen Erstanmeldung Kommentar schreiben Newsletter abonnieren Kleinanzeige einreichen
Infos für Vereinigungen Infos für Künstler*innen
Artikel & Termine einreichen Neu! Galerie
Ansprechpartnerin (Redaktion)

Reinheitsgebot trifft Experimentierfreude: Auch mit nur vier Zutaten sind dem Craft Beer-Trend keine Grenzen gesetzt

München - Das Jubiläumsjahr 2016 soll eine einzige Feier des Reinheitsgebotes sein. Doch ein anderes, heißes Thema für Liebhaber des Gerstensaftes scheint da querzuschießen: Der Craft Beer-Trend verbreitet sich wie ein Lauffeuer von Amerika aus auf der ganzen Welt und entfacht hitzige Diskussionen darüber, ob die Kreativität positiv zu sehen ist oder nicht vielleicht sogar die hiesigen Brauereien und ausgerechnet das Reinheitsgebot ernsthaft in Gefahr bringt. Immerhin enthält so manches Bier Inhaltsstoffe wie etwa Kräuter, die einigen Brauern und Biergenießern die Haare zu Berge stehen lassen. Fakt ist aber: Der Craft Beer-Trend ist längst im Bierland Bayern angekommen – ja, war eigentlich vorher da. Der Großteil der bayerischen Braubetriebe stellt nämlich schon immer handwerklich gebrautes Craft Beer her. Besonders die Privaten Brauereien Bayern e.V. sehen den Trend positiv: Denn im südlichsten Bundesland, wo Bier ausnahmslos nach dem Reinheitsgebot gebraut wird, lassen sich die Brauer trotz 500 Jahre alter Einschränkungen zu besonders innovativen Bierkreationen inspirieren.

  • Außerhalb Bayerns werden Biere auch mit exotisch anmutenden Zutaten wie Gewürzen, Kräutern und Früchten gebraut. Das seit 500 Jahren gültige Reinheitsgebot verbietet diese Zusätze. Dennoch sind die Möglichkeiten, individuelle Biere mit nur vier Zutaten he

    Außerhalb Bayerns werden Biere auch mit exotisch anmutenden Zutaten wie Gewürzen, Kräutern und Früchten gebraut. Das seit 500 Jahren gültige Reinheitsgebot verbietet diese Zusätze. Dennoch sind die Möglichkeiten, individuelle Biere mit nur vier Zutaten he
    © FotoHiero, Pixelio

Revolutionen gab es schon sehr früh auf den Biermärkten dieser Welt, beschränkten sich jedoch, wie etwa die Revolte der Münchner Bevölkerung gegen die Bierpreiserhöhung im März 1844, auf relativ überschaubare Gebiete. Dagegen trat die Craft Beer-Bewegung, die Anfang der 90er-Jahre in den USA ihren Anfang nahm, eine weltweite Lawine los: Wenige große Industriekonzerne beherrschten damals den Biermarkt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten – mit fade schmeckendem Einheitsbier. Als Gegenbewegung wurden zahlreiche so genannte Microbreweries gegründet, in denen fortan individuelle Biere entstanden: Die Craft Beer-Bewegung war geboren. Wörtlich bedeutet „Craft Beer“ handwerklich gebrautes Bier, das in den USA in mittlerweile mehr als 4.000 Microbreweries hergestellt wird und einen Marktanteil von etwa elf Prozent besitzt. Weltweit haben viele Länder, in denen ähnliche Verhältnisse wie in den Vereinigten Staaten herrschten, an den Trend angeknüpft, darunter Italien, Dänemark und Japan. 

Vorreiter Bayern als Craft Beer-Land
„Deutschland dagegen unterscheidet sich deutlich von anderen Biermärkten. Insbesondere in Bayern gibt es kein Oligopol weniger marktbeherrschender Bierkonzerne“, erklärt Dr. Werner Gloßner, Geschäftsführer der Privaten Brauereien Bayern e.V. „Im Gegenteil: Auf dem deutschen und bayerischen Biermarkt haben kleine und mittelständische Brauereien signifikante Marktanteile – und handwerklich braut dieses Segment schon immer“, so Gloßner weiter. Dennoch zeigt die Bewegung auch in Deutschland ihre Wirkung, denn immer mehr Verbraucher erwarten ein Bier mit einem unverwechselbaren Geschmack. Damit einhergeht, dass sich die Brauer auf die Bedürfnisse der Biergenießer einstellen und sich stärker auf das Herstellen von Bierspezialitäten konzentrieren. Dazu zählen zum Teil in Vergessenheit geratene Biersorten wie Märzen, Weizenbock und unfiltrierte Biere, aber auch in Deutschland eher ungewöhnliche Sorten wie Ale, IPA oder fassgereifte Biere. Im Grunde genommen geht es jedoch darum, alle Brauerzeugnisse – also auch Pils, Helles und Weizen – mit einem eigenständigen Geschmacksprofil zu brauen, das sich vom Massengeschmack abhebt. Craft Beer soll also nicht als eigene Biersorte verstanden werden, sondern vielmehr als andere, genussorientierte Herangehensweise an das Bierbrauen.

Kein Widerspruch zum Reinheitsgebot
Das seit Jahrhunderten insbesondere fest etablierte Reinheitsgebot scheint dennoch auf den ersten Blick der natürliche Feind der Craft Beer-Brauer zu sein. Verträgt sich die am 23. April 1516 erlassene Verordnung, die ursprünglich unter anderem dazu gedacht war, den Hunger zu bekämpfen und für einheitliche Gesetze im bayerischen Staatsgebiet zu sorgen, überhaupt mit der innovativen Bewegung? „Diese Frage muss man mit einem klaren Ja beantworten. Denn Craft Beer soll nicht in erster Linie dazu verführen, Biere mit exotischen Zutaten wie aromaintensiven Kräutern zu versetzen, um einen individuellen Geschmack zu erzielen. Die Herstellung eines handwerklich gebrauten Bieres bedeutet Können. Es sind vor allem die feinen Aroma-Nuancen, die ein solches Bier wertvoll machen“, erklärt Gerhard Ilgenfritz, Präsident der Privaten Brauereien Bayern. Und das kann auch im Rahmen des Reinheitsgebotes passieren. Schließlich stehen den Brauern über 100 verschiedene Hefestämme, an die 180 Hopfensorten und etwa 80 unterschiedliche Malzsorten zur Verfügung. Bestes Beispiel für die mögliche Vielfalt ist der European Beer Star Award, einer der größten Bierwettbewerbe weltweit. In 48 von insgesamt 55 Bierstilkategorien können die Biere strikt nach dem Reinheitsgebot gebraut werden.

Darüber hinaus hat die Verordnung auch hinsichtlich des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelgesundheit ganz eigene Vorteile: Die bayerischen Biere kommen ohne die in einer EU-Verordnung zugelassenen Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Süßstoffe, Ascorbinsäure oder Gummi Arabicum aus. Ebenso sind Beimengungen von Konservierungsstoffen oder Schaumstabilisatoren praktisch ausgeschlossen. Selbst die Verwendung von technisch reinem Roh-, Rüben- und Invertzucker sowie von Stärkezucker und aus Zucker hergestelltem Farbmittel, wie sie im Vorläufigen Biergesetz der Bundesrepublik Deutschland von 1993 gestattet ist, ist in Bayern rechtlich nicht zulässig.

Beschränkung auf vier Rohstoffe sichert Vertrauen des Verbrauchers
Durch die strikte Einhaltung des Reinheitsgebots lässt Bayern auch die Möglichkeit aus, Spezialbiere zu brauen, die etwa mit Kräutern oder Früchten versetzt sind und auf Antrag in allen anderen Bundesländern gebraut werden dürfen. „Die Ausnahmeregelung dient hauptsächlich dazu, alte, traditionelle deutsche Biersorten brauen zu können, die vom Reinheitsgebot abweichen, etwa die Berliner Weiße oder die Leipziger Gose. Allerdings kommt es häufig zu Irritationen, wenn die zuständigen Behörden die Genehmigung von Spezialbieren landesweit unterschiedlich handhaben“, erläutert Gloßner. Wichtig wäre es den Privaten Brauereien deshalb besonders, dass eine Gesetzesänderung erfolgt, in der die möglichen Ausnahmen aufgelistet werden und darüber hinaus nichts mehr zugelassen wird.

Weder Gloßner noch Ilgenfritz bestreiten, dass es gute Biere außerhalb des Reinheitsgebotes gibt. „Es werden zweifelsohne hervorragende ausländische Biere mit echten Kräutern oder echten Früchten gemacht, aber es gibt nicht wenige ausländische Biere mit künstlichen Aromen, deren Herstellung nicht mehr viel mit Braukunst zu tun hat“, meint Ilgenfritz. „Das Reinheitsgebot schafft mit seiner Beschränkung auf vier Rohstoffe ohne Zusätze ein hohes Maß an Sicherheit und Vertrauen. Dieses Vertrauen ist nur deshalb möglich, weil man beim Brauen nach dem Reinheitsgebot eben nicht alles macht, was technologisch möglich ist. Nur so ist ein echter Verbraucherschutz möglich.“

Hintergrund
Der Verband Private Brauereien Bayern e.V. gehört als einer von vier regionalen Verbänden dem nationalen Dachverband Private Brauereien Deutschland an und vertritt die kleinen und mittelständischen Privatbrauereien. Mehr als 90 Prozent der 613 bayerischen Brauereien sind familiengeführt und unabhängig. Der Verband vertritt die Interessen dieser Bierbrauer und unterstützt seine Mitglieder in beratender Funktion auf vielfältige Weise. Außerdem hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die unabhängigen Brauereien gegenüber den Großbrauereien bekannter zu machen, ohne dabei die regionale Ausrichtung seiner Mitglieder aus den Augen zu verlieren. Die Dachorganisation ist Ausrichter des international anerkannten European Beer Star. Im Rahmen der jährlich stattfindenden internationalen Leitmesse der Getränkebranche BrauBeviale, die der Verband mitorganisiert, werden bei diesem Wettbewerb die besten Biere der Welt prämiert.

Link: www.private-brauereien.de

Von: Susanne Fricke (PR-Abteilung), Dienstag, 07. Juni 2016 - Aktualisiert am Dienstag, 14. Juni 2016
Weitere Informationen, Artikel und Termine von »Private Brauereien Bayern e.V. « finden Sie unter: www.meier-magazin.de/firma/private-brauereien-bayern-ev-/2422
Empfehlen Sie diesen Artikel:

Kommentar schreiben

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.