Spätzünder
Region - Viele Gemüsesorten werden aufgrund des langen, trockenen Sommers dieses Jahr später als gewohnt geerntet. So kommen etwa auch Zuckerhut und Chinakohl jetzt ganz frisch vom Feld in die Läden.
Beide Gemüse sehen sich mit ihren länglichen Köpfen und der hellgrünen Farbe ähnlich und werden typischerweise als Rohkost verzehrt. Hierfür kann man sie quer schneiden, wodurch dünne Streifen entstehen – sehr praktisch. Botanisch haben sie aber wenig gemeinsam. Während der Chinakohl ein echter Kohl, also mit Weißkraut und Wirsing verwandt ist, hat Zuckerhut, obwohl auch Fleischkraut genannt, mit Kraut, also Kohl, nichts zu tun. Er steht vielmehr Radicchio und Chicorée nahe und ist dementsprechend eine Salatpflanze. Salat gehört in der Regel zwei verschiedenen Familien an: den Lattichen, wie etwa Kopfsalat, Römersalat oder Pflücksalat, und den Zichorien, das sind neben den bereits genannten Chicorée und Radicchio auch Endivien, Friséesalat und eben der Zuckerhut.
Omas Küche
Der Zuckerhut ist ein typisches Gemüse aus Omas Küche, ein Lagergemüse, das lange bis in den Winter hinein vom Feld geerntet werden kann oder an einem hellen kühlen und luftigen Ort aufgehängt monatelang haltbar ist. So konnte man den ganzen Winter auf frische Salatbeilagen zugreifen. Zuckerhut ist, anders als der Name vermuten lässt, alles andere als süß, denn er enthält besonders viel Lactucopikrin, einen Bitterstoff, der in allen Salatsorten enthalten ist. Um das Aroma abzumildern gibt es einige Tricks: zum Beispiel kann man reifere Exemplare wählen oder nur die inneren Blätter genießen. Auch das Einlegen in lauwarmes Wasser mindert den bitteren Geschmack, Öl- oder Yoghurtdressings ebenso, oder man überdeckt ihn durch süßliche Komponenten wie Äpfel, Birnen und Karotten. Warum der Aufwand, man kann es doch auch einfach lassen? Man kann, bringt sich dann aber um ein interessantes Gemüse mit vielen guten Eigenschaften. Denn der enthaltene Bitterstoff wirkt positiv auf die Verdauung und Kalzium, Magnesium und Vitamine gibt’s obendrein.
Mehr als nur Salat
Zuckerhut kann so viel mehr als „nur“ Salat. Gratinieren, kochen, garen, grillen – es ist eigentlich fast alles möglich. Zuckerhut geht als Gemüsebeilage, mit Pasta, als Carpacchio, als Roulade und kann auch zu einem leckeren Pesto verarbeitet werden. Die vielfältigen einsatzmöglichkeiten hat der Zuckerhut wiederum mit dem Chinakohl gemein, dem auch der ewige Ruf der Rohkost anhängt, dabei haben Hobby- und Profiköche hunderte andere Rezepte auf der Pfanne. Chinakohl ist mild im Geschmack, statt Bitterstoffen enthält er die für Kohlgewächse typischen Senföle, die als Immunbooster und Radikalfänger die Gesundheit fördern.
Chinakohl ist die verträglichste aller Kohlsorten, er braucht nur eine kurze Garzeit und da er keinen Strunk hat, fällt aufwändiges Putzen und Schnippeln ebenfalls weg. Es reicht, die äußersten Blätter zu entfernen und den „Kopf“ entweder im Ganzen oder längs halbiert zu Streifen zu schneiden. So vorbereitet lässt er sich traditionell zu Wok-Gerichten verarbeiten, aber Sie sollten sich auch unbedingt mal an ein japanisches Kimchi aus scharf eingelegten Blättern wagen. Chinakohl funktioniert aber nicht nur in der asiatischen Küche, sondern hat noch viel mehr drauf: er lässt sich analog dem Weißkraut zu Röllchen verarbeiten, gratinieren, ergänzt Fleisch und Fisch, bereichert Pfannkuchen als Füllung oder ergibt zusammen mit Nudeln wunderbare Aufläufe.
Ob also Zuckerhut oder Chinakohl – für beide gibt es schier unendliche Möglichkeiten. Und wenn Sie sich nun gar nicht entscheiden können, kein Problem: die Saison hat ja erst begonnen.
Weitere Seiten zum Thema: