Therapiehunde als Mutmacher
Nürnberg und Umgebung - Bei vielen Menschen lösen Hunde Glücksgefühle aus. Treue Augen, ein weiches Fell und die empathische Art, ohne selbst etwas einzufordern. Es gibt aber auch Menschen, die Angst haben, sobald sie nur an einen Hund denken. Kinder wie Erwachsene können durch ein negatives Erlebnis mit Hunden traumatisiert werden. Damit diese Angst keine lebensbeherrschende wird, können Therapiehunde auch echte Mutmacher sein.
Ben (Name von der Redaktion geändert) ist auf dem Weg zur Schule, als aus einer Seitenstraße plötzlich ein Hund herausrennt und ihn unvermittelt angreift. Er beißt ihm in den Oberschenkel und lässt erst von ihm ab, als ein Passant dazwischen geht. Dem Tier gelingt die Flucht und es rast wieder in die Seitenstraße zurück, aus der es gekommen war. Rettungsdienst und Polizei sind rasch vor Ort und die Wunde heilt nach einem kurzen Aufenthalt in der Kinderklinik schnell. Ben wurde bei diesem Vorfall aber nicht nur körperlich verletzt, sondern regelrecht traumatisiert. Sobald er einen Hund nur sieht, wird er kreidebleich, der kalte Schweiß bricht ihm aus und er beginnt zu zittern. Seine Mutter muss die Straßenseite mit ihm wechseln, aus dem Bus aussteigen, weil ein winziges Hündchen auf dem Schoß einer alten Dame sitzt und jetzt bringen zu allem Überfluss die direkten neuen Reihenhaus-Nachbarn auch noch einen jungen Labrador mit. Bens Leben wird von diesem traumatischen Erlebnis dominiert und seine Eltern wissen keinen Rat mehr.
Die Therapiehunde Deutschland kennen die Auswirkungen solcher Erlebnisse und deshalb hat Hunde- und Menschenflüsterin Gabriele Smentek eine Methode entwickelt, den Menschen die Angst vor den Vierbeinern soweit zu nehmen, dass sie damit umgehen können und im Alltag nicht mehr allzu sehr davon beeinträchtigt sind. „Wir bieten Unterstützung im Umgang mit den Angststörungen an, aber keine Therapie“, erklärt sie ihr Konzept, das sie als individuelle therapieunterstützende Kommunikationsverbindung zwischen Mensch und Hund beschreibt und das von ausgebildetem Fachpersonal, Psychotherapeuten und Sozialpädagogen begleitet wird. Alleine die Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen bestimmen das Tempo und das, was sie sich zutrauen. Für jeden Menschen, dem Gabriele Smentek helfen will, stellt sie ein „Hundetagebuch“ zusammen, in dem positive und nicht so schöne Erfahrungen im Zusammentreffen mit den Vierbeinern notiert werden können. Die Therapiehunde werden so ausgewählt, dass sie zum jeweiligen Menschen passen. Auch die Eltern bekommen Hausaufgaben, damit sie ihr Kind bestmöglich unterstützen können. Jede Einheit dauert 30 Minuten. „In dieser Zeit gibt es keine Ablenkungen und so können sich der ängstliche Schützling und der Hund aufeinander konzentrieren.“ Die Einsätze finden anfangs immer auf dem Vereins-Hundeplatz und somit innerhalb eines absolut geschützten Raumes statt, später in gewohnter und ungewohnter Umgebung der zu betreuenden Person. Außer Gabriele Smentek, dem Kind und dem Hund sind bei den Einsätzen nur die Eltern, die Hundeführerin oder der Hundeführer und eventuell ein(e) Psychotherapeut(in) anwesend.
Derzeit möchte Gabriele Smentek dem neunjährigen Rafael die Furcht vor den Vierbeinern nehmen. Der Grundschüler ist Autist und seine Eltern möchten einen Familienhund anschaffen, weil dieser für den Jungen als Begleiter im Alltag sehr hilfreich wäre. Autisten haben häufig eine besondere Beziehung zu Hunden, weil sie, wie die Vierbeiner, nonverbal kommunizieren können. Rafael macht gute Fortschritte. „Bei der Arbeit mit Mensch und Hund ist Geduld gefragt“, weiß Smentek, die viel Erfolg mit ihrer Methode hat, die aber auch immer wieder an Grenzen stößt. „Die Menschen müssen zunächst ihre Energie verlieren, auf die die Hunde reagieren.“ Energie meint, dass Kinder und Erwachsene oft herumzappeln, die Hände hochreißen oder gar wegrennen, während diese Signale für Hunde Spielen oder Jagen bedeuten. Folglich ist es wichtig, einfach ruhig stehenzubleiben und sich möglichst nicht zu bewegen. Das erfordert im Kontakt mit dem Angstobjekt eine gehörige Portion Mut. Durch die Therapiehunde erhalten die Kinder mit viel Zeit und Geduld die Möglichkeit, den Hund genauestens zu beobachten, ihn zu spüren und dadurch eine positive Wahrnehmung zu schulen. Dann können auch die einst negativen Erlebnisse und Erfahrungen ins Positive umgewandelt werden.
„Im Laufe der Zeit entwickeln sich meine Schützlinge zu Helden, denn wenn sie sich trauen, den Hund zu streicheln, das Fell zu spüren und zu merken, dass nichts Negatives mit ihnen passiert, sondern dass sie den Körperkontakt als durchaus zufriedenstellend und angenehm empfinden, erfahren vielleicht auch sie so etwas wie Glücksgefühle im Umgang mit den Vierbeinern.“
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