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Von der Leidenschaft für Pilze im Landkreis

Landkreis Roth - Seit 1981 gibt es die Kreispilzberatung unter der Leitung von Rudolf Rossmeissl. Letztes Jahr konnte das 40jährige Jubiläum aufgrund von Corona-bedingten Einschränkungen nicht entsprechend gewürdigt werden. Im folgenden Interview wollen wir Rudolf Rossmeissl und seine Verdienste um die Pilz­beratung ins Blickfeld rücken.

  • Rudolf Rossmeissl mit seiner Familie bei der Eröffnung des KammerSTEINPILZPfad 2014. Vordere Reihe von links: Marianne Rossmeissl, ihre Söhne mit Enkelkindern, in der Mitte stellvertretender Landrat Walter Schnell, rechts  Rudolf Rossmeissl, hinter Reihe: Landrat Herbert Eckstein.

    Rudolf Rossmeissl mit seiner Familie bei der Eröffnung des KammerSTEINPILZPfad 2014. Vordere Reihe von links: Marianne Rossmeissl, ihre Söhne mit Enkelkindern, in der Mitte stellvertretender Landrat Walter Schnell, rechts Rudolf Rossmeissl, hinter Reihe: Landrat Herbert Eckstein.
    © Landratsamt Roth

  • Buchtipp: Pilzbegegnungen. Ein Streifzug durch das Reich der Pilze.

    Buchtipp: Pilzbegegnungen. Ein Streifzug durch das Reich der Pilze.

Herr Rossmeissl, kann man sagen, Sie haben „ein Herz für Pilze“?
Rudolf Rossmeissl: (lacht) Ja, das kann man so sagen. Das habe ich von klein auf mitbekommen.

Wer hat Ihnen Ihr Grundwissen über den Pilz beigebracht?
R.R.: Das war mein Vater. Er musste in den Nachkriegsjahren viel arbeiten. Das war natürlich ein besonderes Vater-Sohn-Erlebnis, wenn er mich in seiner knappen Freizeit mit in die Pilze genommen hat. Ich bin als Junge schon immer gern in den Wald gegangen. Das ist bis heute so geblieben. Damals habe ich oft den Fußball mitgenommen.

Haben Sie Ihre „Pilz-Leidenschaft“ auch an Ihre Familie weitergegen?
R.R.: An meine Frau und unsere Zwillingssöhne auf jeden Fall. Wir sind früher auch gerne zusammen Pilze sammeln gegangen. Heute sind Bernd und Markus beruflich stark eingebunden und haben die Zeit nicht mehr so.

Von einem reinen „Hobby“ kann man bei Ihnen aber schon lange nicht mehr sprechen. Seit 1978 sind Sie „zertifizierter Mykologe“, also sozusagen ein „Pilz-Wissenschaftler“ mit Abschluss. Wie kam es dazu?
R.R.: Ich habe mit meiner Frau 1976 eine Führung bei dem Pilzberater Klaus-Jochen Süß im Pleinfelder Wald gemacht. Das war so ein Aha-Erlebnis. Von da ab ist mein Interesse immer mehr gewachsen. Der Pilz lebt ja eine Symbiose mit dem Baum. Zwischen Herrn Süß und mir hat sich dann auch eine Art „Symbiose“ gebildet. Er hatte kein Auto. Aber das Wissen. Ich dafür ein Auto. So haben wir dann ein Team gebildet und sind durch die heimischen Wälder bei Pilzwanderungen gestreift. Ich habe immer mehr über den Pilz gelernt. Tja, und dann hat mich Herr Süß einfach ohne mein Wissen zur Prüfung bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie angemeldet. Die fand bei der Naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg statt. Da hatte ich schon Respekt davor. Ich habe mir das ganze Fachwissen vorher im Selbststudium beigebracht. Die anderen Teilnehmer besuchten vorab einen längeren Kurs. Und dann habe ich zu meiner Freude sogar als einer der Besten bestanden.

Was ist so faszinierend am Pilz?
R.R.: Die Gestalt, das Vorkommen, die Artenvielfalt. Man spricht immer von „Pilzen“. Genaugenommen ist aber das Fadengeflecht im Boden, das sogenannte Myzel, der ganze Pilz. Das Myzel steht in enger Verbindung zum Baum. Es gibt an ihn Wasser und Mineralstoffe ab. Im Gegenzug erhält das Myzel vom Baum Zuckerstoffe. Daraus bilden sich Fruchtkörper, die wir „Pilze“ nennen. Diese Symbiose zwischen Myzel und Saugwurzeln der Bäume nennt man „Mykorrhiza“.

Und seit 1981 sind Sie ehrenamtlicher Pilzberater im Landkreis. Wie ist es dazu gekommen?
R.R.: Der damalige Landrat Dr. Herbert Hutzelmann war ein großer Pilzliebhaber. Es war seine Idee, die Pilzberatung ins Leben zu rufen. Damals gingen auch Fälle tödlicher Pilzvergiftungen durch die Presse. Uns war es wichtig. eine Beratungsstelle für die Bürger auf die Beine zu stellen. Zum Schutz der Bevölkerung. Na, und ich hatte das Wissen.

 

Stolze Bilanz der Pilzberatung

Das sind mittlerweile über 40 Jahre Kreispilzberatung. Wissen Sie, wie viele Beratungen Sie im Laufe der Zeit durchgeführt haben?
R.R.: Das kann ich Ihnen ganz genau sagen: In 41 Jahren habe ich 6.491 Beratungen mit 17.397 Pilzproben durchgeführt. Davon waren zum Glück fast 70 Prozent essbar. Der Rest war mit 2.972 ungenießbar oder mit 2.426 giftig.

Die Leute kommen mit ihren Körben voll Pilze zu Ihnen nach Hause und lassen sie begutachten. Aber das ist ja nicht alles, was die Pilzberatung so anbietet.
R.R.: Nein, das ist längst nicht alles. Seit 1981 haben wir im Landkreis 144 Pilzlehrwanderungen durchgeführt und insgesamt 50 Ausstellungen rund um den Pilz organisiert.
Es ist sogar ein Buch entstanden mit dem Titel „Pilzbegegnungen – Ein Streifzug durch das Reich der Pilze“ (siehe Infobox).
Und was Besonderes ist natürlich der 2014 eröffnete KammerSTEINPILZPfad.

Dazu müssen Sie uns mehr erzählen. Kammerstein gilt ja ohnehin als „heimliche“ Pilz-Hauptstadt.
R.R.: Nicht nur heimlich, Kammerstein ist die Pilz-Hauptstadt! Der Wald am Kammersteiner Heidenberg ist bei guten Wetterbedingungen reich an Pilzen gesegnet. Und im „pilzbegeisterten“ Landkreis kam man dann auf die Idee, 2006 den „1. Kammersteiner Kreispilztag“ durchzuführen. So ein „Kreispilztag“ ist schon einmalig in Deutschland. Zehn weitere gab es seitdem. Und bei der Premiere hatten Landrat Herbert Eckstein und ich den Einfall für einen Pilzlehrpfad am Heidenberg. Ein Ort voll Mythen und Sagen. Durch ihn führen Wege und Pfade, die zum Teil mehr als 500 Jahre alt sind. Auf so einem historischen Weg führt nun der 4 km lange Pilz-Rundgang mit verschiedenen Info-Stationen. Ein großer Pluspunkt war dabei, dass ich immer die Unterstützung des Landkreises und von Landrat Herbert Eckstein hatte.

Sind Ihnen in über 40 Jahren Pilzberatung besondere Erlebnisse in Erinnerung geblieben?
R.R.: So einige! Besonders sind immer die Fälle, wo Giftpilze mit im Spiel sind. Ich kann mich noch sehr gut an das Gründungsjahr 1981 erinnern. Im selben Jahr sind vier Mitglieder einer fünfköpfigen Familie aus Sengenthal in der Oberpfalz nach dem Verzehr eines Pilzgerichts gestorben. Sie hatten Wiesenchampignons mit dem hochgiftigen Knollenblätterpilz verwechselt. Der Fall stand natürlich in der Zeitung. Am nächsten Tag kam ein Mann zu mir in die Pilzberatung. Er hatte eine Schüssel dabei, in der schon fein geschnittene Pilze waren. Ich habe sofort erkannt: Das ist der Knollenblätterpilz! Den habe ich dann natürlich vernichtet. Zu Hause hat seine Familie schon auf ihr Mittagsgericht gewartet.

Was halten Sie eigentlich von Apps, die Pilzsorten erkennen sollen?
R.R.: Wenn ich ehrlich bin: Nichts! Wir haben mal getestet, ob so eine App einen Pilz eindeutig bestimmen kann. Vier Anläufe hat die App gebracht, bis sie endlich die richtige Pilzart ausgespuckt hat. Bei Unsicherheiten kommen Sie lieber zu mir in die Pilzberatung!

 

Der Pilz – eine „echte Diva“ 

Der Pilz braucht zum Wachstum Feuchtigkeit. Dieses Jahr fällt die Saison aufgrund der Trockenheit voraussichtlich eher schwach aus. Werden Pilze aufgrund des Klimawandels mit seinen steigenden Temperaturen zu seltenen Delikatessen?
R.R.: Nur, wenn es dem Baum gut geht, kann er Zuckerstoffe abgeben, aus denen Pilze wachsen. Hat der Baum sozusagen Stress durch Trockenheit, muss er mit seinen Ressourcen haushalten und kann nichts ans Myzel abgeben. Aber wenn ich eins gelernt habe in meiner Praxis als Kreispilzberater: Der Pilz ist unberechenbar. Das ist eine echte Diva. Aber das macht’s ja auch so interessant.

Herr Rossmeissl, vielen Dank für das Gespräch! (Das Gespräch wurde übrigens begleitet durch die fachkundigen Kommentare von Rudolf Rossmeissls Frau Marianne. Auch wenn sie meint: „Ich bin nur eine Kochtopfsammlerin“, weiß sie so einiges über den Pilz. Auch ihr ein herzliches Dankeschön!)

Zur Person: Rudolf Rossmeissl wurde am 10. März 1947 in Roth geboren. Er begann 1964 eine Ausbildung beim Landratsamt. Zuletzt war er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2009 als Kreiskämmerer tätig. Seit 1981 leitet er ehrenamtlich die Kreispilzberatung. Er lebt in Roth, ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Nähere Informationen: Die Kreispilzberatung unter der Leitung von Rudolf Rossmeissl ist erreichbar unter der Telefonnummer 09171- 1604.
Nach Terminvereinbarung können ihm gerne Pilze zur Bestimmung werden. Die Beratung erfolgt kostenlos.

» Pilze – Schmackhafte Leckerbissen und wichtige Lebensspender!

Buchtipp: Pilzbegegnungen. Ein Streifzug durch das Reich der Pilze.
Hrsg. von Heimatkundliche Streifzüge des Landkreises Roth, 1. Auflage 1998.

Mehr Infos online unter: www.landratsamt-roth.de/news/tipps-fuer-pilzesammler

Von: Petra Schörring (Landratsamt Roth), Donnerstag, 29. September 2022
Weitere Informationen, Artikel und Termine von »Kreispilzberatung im Landkreis Roth« finden Sie unter: www.meier-magazin.de/kreispilzberatung

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