Wendelsteiner Pflegeheim: Politik und Pflege im Dialog
Wendelstein - Gut 90 Minuten lang hat sich Ronja Endres durch das Pflegeheim der Diakonie in Wendelstein führen lassen. 90 Minuten, nach denen die Vorsitzende der bayerischen SPD beeindruckt war von dem, was sie zuvor gesehen hatte. „Ich habe einen sehr guten Eindruck von der Einrichtung und auch Annette Messner hat sich toll präsentiert“, lobte die 38-Jährige. „Solche Einrichtungen sind immens wichtig. Es ist unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker, zu gewährleisten, dass solche Häuser erhalten bleiben und die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.“
Auch darum, wie das gelingen kann, sollte es gehen beim Besuch der SPD-Chefin in der Marktgemeinde. Begleitet wurde sie unter anderem von der Co-Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Markt Wendelstein Lisa Bergmann und dem Wendelsteiner SPD-Co- und Fraktionsvorsitzenden Maximilian Lindner. Das Pflegeheim der Diakonie beherbergt vier Wohngruppen, zu denen jeweils zwölf Bewohner zählen. Die Räumlichkeiten sind modern und lichtdurchflutet. Es gibt zwei große Pflegebäder, die auch bewegungseingeschränkten Menschen ein Vollbad ermöglichen, die Zimmer sind mit bodengleichen Duschen ausgestattet. „Wir planen außerdem einen Anbau, sodass jede Wohngruppe bald aus 16 statt aus zwölf Bewohnern bestehen wird“, berichtet Messner. Ein Vorhaben, das helfen soll, den zunehmenden Bedarf an Plätzen im Pflegeheim zu decken. Und eines, das auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Weil sich viele der Fixkosten dann auf mehr Menschen verteilen, wird die bauliche Erweiterung aller Voraussicht nach nicht zu Kostensteigerungen für die Bewohner führen.
Neben der stationären Pflege, die im Heim selbst geleistet wird, koordiniert die Diakonie von hier aus auch die ambulante Pflege. Etwa 180 Patienten lassen sich aktuell von den Schwestern und Pflegern in ihren eigenen vier Wänden betreuen, sich Essen liefern, sich waschen und ankleiden. „Der Betrieb läuft von frühmorgens bis zum späten Abend, die letzten Patienten besuchen wir gegen Mitternacht und bringen sie ins Bett“, berichtet Messner.
Anschließend führt sie Ronja Endres in eine großzügige Wohnküche. Ein paar ältere Damen stehen an der Arbeitsplatte und formen aus einem Teig Plätzchen. Sie sind zur Tagespflege im Heim zu Gast, bis zu 15 Personen werden von ihren Angehörigen morgens gebracht und abends wieder abgeholt. Darunter auch Menschen mit Demenzerkrankung. Die Tagespflege verschafft pflegenden Angehörigen die Möglichkeit, arbeiten zu gehen, sich um Haushalt und Familie zu kümmern oder sich einfach mal zu entspannen. Menschen zu pflegen, das betont Annette Messner, kostet Kraft. Körperlich und psychisch.
Das gilt auch für professionelle Pflegekräfte, einer der vielen Gründe, warum es an Fachkräften mangelt. „Wir sind froh um jeden, der sich bewirbt“, sagt Messner. Zwei Stellen für Fachkräfte seien im Haus derzeit unbesetzt. Inzwischen sitzt die Leiterin des Pflegeheims mit dem Gast aus der Politik an einem großen Esstisch. Er bildet den Mittelpunkt einer Seniorenbegegnungsstätte, die ebenfalls im Heim integriert ist. Ältere Menschen aus ganz Wendelstein versammeln sich hier jeden Tag, um zu plaudern, zu essen, Bekannte zu treffen. Der Mittagstisch wird durch die Marktgemeinde bezuschusst.
Was sie sich von der Politik wünsche, fragt Endres. „Uns würde es beispielsweise sehr helfen, wenn es gelänge, uns eine Springerstelle zu finanzieren, idealerweise über die Pflegekasse“, antwortet Messner. Dann müsste man Personallücken seltener mit teuren Zeitarbeitskräften stopfen. Problematisch sei auch, dass den Heimen längst nicht alle Kosten für die Personalakquise erstattet würden. Etwa die für Werbung in den Sozialen Medien.
„Außerdem ist es auch bei uns so, dass Pflegekräfte mehr als die Hälfte ihres Arbeitstages mit der Dokumentation ihrer Arbeit verbringen“, kritisiert sie. Ein Problem, das Endres angehen will. „Es wäre ja schon mal ein Gewinn, wenn es einheitliche Dokumentationssysteme gäbe. Dass, wenn ich jemanden von einem Altenheim in ein Krankenhaus bringe, die Systeme übereinstimmen“, sagt sie. In anderen Bereichen habe Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits für Fortschritte gesorgt, etwa durch die Einführung eines neuen Pflegeschlüssels, der verhindern soll, dass zu viele Patienten auf eine Pflegekraft kommen.
Um genug Fachpersonal bereitstellen zu können, sind auch in Wendelstein Pflegekräfte aus dem Ausland unverzichtbar. „Bei uns arbeiten Menschen aus vielen verschiedenen Nationen“, erklärt Messner. Eine Tatsache, die angesichts des gesellschaftlichen Klimas nachdenklich machen sollte, findet Endres: „Fachkräfte, die wir dringend brauchen, und die vielleicht zu uns kommen könnten, werden nicht kommen, wenn sie hier auf Hass und Ausgrenzung treffen.“ Was die Probleme, nicht nur in der Marktgemeinde, weiter verschärfen würde.
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