meier Magazin - Oktober 2019 / 20 Jhg.

19 Wer möglichst viel von der Fermentierung profitieren will, der schneidet das Gemüse sehr klein, denn je mehr Oberfläche die Bakterien haben, desto intensiver läuft der Prozess. Das Gemüse wird dann gesalzen, pro Kilo Gemüse mit etwa 20 bis 30 Gramm. Hier ist es wichtig, hochwertiges Meer- oder Steinsalz zu verwenden, auf keinen Fall Industriesalz mit Rie- selhilfe oder jodiertes/fluoriertes Salz – dieses stört die Milchsäure- gärung. Je nach Geschmack können Kräuter und Gewürze zugegeben werden, etwa Knoblauch, frische Chili, Ingwer, Basilikumblätter, Dill, Pfef- ferkörner, Senfkörner oder Wacholderbeeren/-blätter. Eng muss es zugehen Dann wird das Gemüse möglichst dicht in das Glas gepackt, das geht bei großen Gläsernmit der Faust, bei kleinerenmit einem speziellen Holz- stampfer, für noch kleinere Mengen tut es aber auch der Stößel eines Mörsers oder ein Barstößel. Größere Mengen werden in der Schüssel zu- bereitet, kleinere kann man direkt im Glas ansetzen. Durch das Andrü- cken wird das Gemüse möglichst dicht komprimiert, damit alle Luftbla- sen entweichen und kein Sauerstoff mehr daran gelangt. Legt man Ge- müse imGanzen ein, zum Beispiel kleine Rüben oder Chilischoten, drückt man dieses so gut es geht zusammen und füllt dann mit einer abgekoch- ten und abgekühlten zwei bis drei-Prozentigen Salzlösung (zwei bis drei Gramm Salz pro Liter) auf. Das Gemüse wird dann mit einem Gewicht bedeckt, damit keine Teile aus der Lake aufschwimmen und mit Luft in Berührung kommen. Hierfür kann man etwa Frischhaltefolie oder einen Gefrierbeutel auflegen und das Ganze dann mit Steinen oder einem Sack Murmeln beschweren. Nach oben sollte noch Platz sein, denn das Fermentgemüse wird spru- deln und gären. Dann den Deckel drauf. Diesen sollte man alle paar Tage vorsichtig öffnen, um ein Entweichen der Gärgase zu ermöglichen. Bei Einmachgläsern mit Gummi funktioniert dies fast von selbst. Was sich jetzt vollzieht, ist ein kleinesWunder der Natur. Auf der Oberfläche des Gemüses leben unzählige Milchsäurebakterien. Diese kommen bei Menschen und Tieren auf der Haut, aber besonders im Darmtrakt vor und sind sozusagen ubiquitär – also überall vorhanden. Sie vergären Milch zu Joghurt oder Käse und Weißkohl zu unserem be- kannten Sauerkraut. In dem salzigen und sauerstoffarmen Milieu, das wir beim Fermentieren schaffen, können sie sich wunderbar ausbreiten. Im Laufe der Fermentation sinkt der pH-Wert und schon bald ist das Milieu für Bakterien und Pilze, die für Fäulnis und Verderbnis sorgen, viel zu sauer. Zehn Tage reichen – alles andere ist Geschmackssache Nach zehn Tagen kann die Gärung abgebrochen oder verlangsamt wer- den, je nach Geschmack. Je länger man fermentieren lässt, desto aroma- tischer wird das Gemüse – aber man kann einfach probieren, wie man es selbst am liebsten hat. Als Daumenregel gilt: weichere Gemüse wie Gur- ken sind schon ab einer Woche fertig, Sauerkraut braucht sechs bis sie- ben Wochen, Wurzelgemüse sieben bis neun Wochen. Soll der Prozess weiter gehen, darf das Gemüse an einen kühlen Ort, etwa bei 15 bis 18 Grad. Das kann der Keller, eine Garage oder ein Treppenaufgang sein. In den Kühlschrank gepackt wird der Prozess beendet, ab da ist das Gemüse dann mindestens ein halbes Jahr haltbar. Für den Gärtner Olaf Schnelle, einen der modernen Protagonisten des milchsauer vergorenen Gemüses, ist Fermentierung„die Verarbeitungs- methode der Zukunft“. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da, Fer- mentierung gilt in Gourmetrestaurants und unter Spitzenköchen als einer der aktuellen Hypes. Man kann es aber auch einfach als Rückbesin- nung auf alte Werte sehen. Darüber muss man jedoch nicht streiten, denn egal, wie man es betrachtet: Fermentierung ist clever und lecker und dazu so simpel, dass man es einfach mal ausprobieren sollte. Kristin Wunderlich, Dipl. Biologin < Kimchi Was demDeutschen sein Sauerkraut ist dem Ko- reaner das Kimchi. Was beide gemeinsam haben: Auch das koreanische Nationalgericht lässt sich ganz einfach selber herstellen. Zutaten: 1 Chinakohl 2-3 EL Salz 4 Frühlingszwiebeln 3-4 cm großes Ingwerstück 4 Knoblauchzehenein 1 Blatt Nori Algen 1 Karotte 1 EL Chilipulver/Chiliflocken 2 TL Paprikapulver 1/2 EL Agavendicksaft oder Reissirup 2 Lorbeerblätter 3 Wacholderbeeren Den Kohl teilen und den Strunk heraus schneiden. Die Blätter in etwa zwei bis drei Zentimeter dicke Stücke schneiden. Den Kohl mit dem Salz in eine Schüssel geben und komplett mitWasser bedecken. Für zwei bis vier Stunden ziehen lassen. Den Kohl aus der Lake nehmen und abwa- schen. Salzlake aufheben. Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden, Möhren hobeln, Ingwer reiben, Knochblauch hacken. Das Nori Blatt in kleine Stückchen schneiden. Alles zum Kohl in die Schüssel geben. Mit einem Löffel oder besser den Händen alles gut umrühren und die Zutaten einmassieren. Handschuhe verwenden – wegen des Chillis. Die Masse fest in ein sauberes, steriles Glas drücken. Falls Flüssigkeit fehlt, mit Salzlake übergießen. Kohl evtl. beschweren. Den Deckel nur locker aufsetzen. Bei Zimmertemperatur für mindestens zwei Tage stehen lassen. Wie bereits erwähnt: Je länger das Gemüse bei Raumtemperatur fermentiert, desto intensiver wird der Geschmack. Anschließend das Kimchi in den Kühlschrank stellen. Das stoppt die Fermentation. Übrigens: gegenüber gekauftem Kimchi – wie auch ge- kauftem Sauerkraut aus dem Glas – handelt es sich hierbei um ein le- bendiges Produkt, das nicht durch Erhitzen haltbar (und leider tot) ge- macht wurde. Kristin Wunderlich, Dipl. Biologin < Rezept für Kimchi

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