meier Magazin - Mai 2023 / 24. Jhg.

15 werden. Ihre Mutter legte sehr viel Wert auf den Muttertag, da durfte man sich nicht drücken. Sie fühlte sich damals an Muttertagen wie ein Sandwich zwischen eigenem Mutter- und Tochtersein. Viel schöner wurde es, als die Söhne mit ihren Familien dann zu ihr kamen und sie sich nicht mehr um die Verantwortung als Tochter sorgen musste. Ihren schönsten Muttertag hat sie im Kreise der Großfamilie erlebt, ein Ausflug in den Nürnberger Tiergarten, an dem alle dabei waren. Ein perfekter Tag, von dem sie auch heute noch schwärmt. Während des Telefonates fällt Frau Holtkamp auf, dass sie direkt vor zwei Muttertagsgeschenken ihrer Söhne mit demHandy stehengeblieben ist. Zwei selbstgemachte Kränze, einer aus kleinen Blüten, der andere aus geflochtenem Stoff, die seit vielen Jahren an ihrer Wand hängen und die ihr noch heute viel bedeuten. Nun erinnert sie sich an selbst gemalte Bilder, gebastelte Gutscheine oder später dann an gemeinsames Essen- gehen oder Kinogutscheine.„Markus“, so verrät sie,„hat mir am liebsten Bäume oder Büsche geschenkt, die er dann auch gleich, als Muttertags- Service, in meinem Garten eingegraben hat.“ Heute, im Alter, findet sie es am schönsten, wenn sie kleine Kinder sieht, die im Kindergartenalter etwas Liebevolles für die Mami vorbereiten und es mit großen Augen aufgeregt übergeben. „Mit Ihren Söhnen habe sie Glück gehabt“, sagt uns die 76-jährige. Sie kommen auch außerhalb des Muttertags vorbei und kümmern sich um sie, das ist ihr wichtig. Wenn das nur an einem einzigen Tag, dem Muttertag, stattfinden würde, wäre es eine traurige Angelegenheit. Am Nachmittag statten wir noch einigen Bewohnern und Bewohne- rinnen im Betreuten Wohnen der Schwesternschaft Nürnberg vom BRK e.V. einen Besuch ab. Bei frischem Erdbeerkuchen und Kaffee sitzen wir mit drei Damen und zwei Herren im Alter von Ende 70 bis Mitte 80 zusammen und sprechen mit ihnen über den Muttertag und ihre Erinnerungen. Auf die Frage, ob denn der Muttertag auch damals schon, ohne Medien, überall präsent war, ernten wir einheitliches, kräf- tiges Nicken. Eine Dame erklärt uns„der stand doch immer schon im Kalender drin“. Aber auch in der Schule wurden alle dazu an- gehalten, ihrer Mutter etwas zu basteln, zu dichten oder etwas anderes, besonderes vorzuberei- ten. Eine der Damen ist zunächst still. Als sie direkt auf den Muttertag angesprochen wird, gibt sie zur Antwort, dass sie als Älteste meist ihre kleinen Geschwister zum Basteln angestiftet hat. Leider verstarb die Mutter früh, da war sie erst 11 Jahre alt. Sie selbst bekam von ihren Kindern in späteren Jahren größtenteils selbstgemachte Gutscheine geschenkt, die hat sie alle aufgehoben. Viele gut gemeinte Dienste wurden gar nicht eingelöst, doch sie sind heute noch schöne Zeugnisse einer vergangenen Zeit. 8

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