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Gartengeschichten: Wenn ein Baum geht …

Region - oder unser Holunder-Hopfen-Baum

  • © Angela Streck

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Alles begann mit einer Hopfenpflanze die ich geschenkt bekam. Voller Freude – aber auch etwas blauäugig – pflanzte ich das noch zarte und so »harmlos« wirkende Pflänzchen gut gemeint an unseren Rosenbogen. Die ersten Jahre entwickelte sich die Pflanze wie gedacht, schön entlang am Rosenbogen, doch von Jahr zu Jahr fiel es mir immer schwerer, diesen Kletterfreak in die richtigen Bahnen zu lenken, bis es mir überhaupt nicht mehr möglich war. Der Hopfen wuchs und wuchs und ich kam nicht hinterher.

Um nicht total die Kontrolle über ihn zu verlieren, stach ich Triebe ab, wickelte sie hin und her. Der Hopfen zerkratzte mich dabei immer wieder ordentlich am Hals, den Armen und wo er mich sonst noch erwischte. Nichts half, am Ende des Sommers hatte ich immer wieder das gleiche Ergebnis: man kam kaum noch durch den Rosenbogen, ohne von allen Seiten »angeritzt« zu werden – und der Bogen selbst war auch nicht mehr zu sehen. Wer es schon einmal mit Hopfen zu tun hatte, kennt die kratzige Eigenschaft seiner Triebe, die ihm den nötigen Halt geben und so sein rasantes Emporschlingen mitsamt der enormen Blattmasse im Gepäck ermöglichen.

Andere Pflanzen in seiner Nachbarschaft, die selbstverständlich alle ordentlich mit eingeschlugen wurden, waren von diesem »Plagegeist« sichtlich auch nicht begeistert. Wegen meiner ständigen Schnippelei entwickelte der Hopfen leider auch nur wenige seiner hübschen Hopfenzapfen. Die Situation war für alle Beteiligten einfach nicht schön, um es mal milde auszudrücken. Mit dieser Erfahrung und der neuen Erkenntnis, dass sich Hopfen im eigenen Garten gar nicht so einfach kultivieren lässt, beschloss ich eines Frühjahrs den Hopfen auszugraben, was sich aber auch sehr schweißtreibend gestaltete.

Da ein Hopfen jedoch eine sehr schöne und für die Artenvielfalt wichtige Pflanze ist, die in einem Naturgarten auch nicht fehlen sollte, wollte ich nach dem ersten Fehlschlag nicht gleich aufgeben und suchte nach einem wirklich geeigneten Platz für diesen Kletterkönig. Dabei orientierte ich mich am Vorbild des Hopfenanbaus und schaute mich deshalb nach einer Klettergelegenheit im Garten um, an der der Hopfen mindestens 8 Meter auf direktem Weg in die Höhe wachsen und sich frei ent- wickeln kann und niemanden dabei stört. Die Hauswand wäre hierfür zwar geeignet, doch gefiel mir der Gedanke nicht wirklich.

Dann viel mein Blick auf unseren alten Holunder – oder viel mehr auf das, was von ihm noch übrig war. Er schien optimal als Kletterhilfe geeignet und erfüllte alle Anforderungen. Schon sehr alt und nach mehrmaligen Verjüngungsschnitten eines Fachmanns die leider auch nicht mehr halfen, mussten wir uns von dem betagten Baum doch verabschieden. Was übrig blieb war ein schönes helles Baumgerüst. Haushoch und in Form eines Buschbaums gewachsen aus vier richtig kräftigen Hauptstämmen. Viele unserer Gartenbewohner wie Eichhörnchen, Vögel und Insekten waren trotzdem regelmäßig im Geäst auf Nahrungssuche oder schauten sich nach brauchbarem Material um. Und die bizarren Äste gefielen uns auch ohne Laub. So ließen wir den Baum bis auf die obere Krone stehen. Zum Glück, denn so hatte ich das ideale Klettergerüst für unseren Hopfen gefunden, den ich gleich am Fuß des Holunders einpflanzte.

Der Platz war optimal gewählt. Den Fuß im Schatten und in den oberen Höhen einen »Platz an der Sonne«, so fühlt sich unser Hopfen pudelwohl. Das Ergebnis nach ein paar Jahren: eine wunderschöne Hopfenlandschaft in Giebelhöhe und ein neuer Lebensraum der Schutz und Nahrung für viele Tiere bietet. Unzählige Vögel wie Spatzen, Spechte, Amseln, Mönchsgrasmücken, Grünfinken, Rotkehlchen, Meisen, Elstern, Kleiber, um nur einige aufzuzählen, sind hier zu den unterschiedlichen Jahreszeiten zu beobachten. Viele Insekten und Schmetterlinge, nehmen das Angebot auch dankend an und unsere Eichhörnchen kommen täglich auf ihrem Rundgang vorbei. Man könnte meinen, sie putzen sich an den rauhen Stielen des Hopfens die Zähne, wenn sie eifrig daran knabbern ohne etwas davon zu tragen.

Vom eigentlichen Grundgerüst, dem Holunder, ist im Sommer kaum noch was zu erkennen. Nur an einigen Stellen ragen noch vereinzelt abgestorbene Äste heraus, an denen die Hopfenzapfen elegant überhängen. So ist ein etwas anderer Baum entstanden, unser »Holunder-Hopfen-Baum«.

Die Hopfentriebe schneide ich im Herbst am Boden ab, entferne diese jedoch nicht. Vögel nutzen den ganzen Winter bis in den Frühling das reichhaltige Angebot an Samen, suchen nach den Insekten, die in den abgestorbenen Blättern ein Winterversteck gefunden haben und finden genug Material für den Nestbau im kommenden Frühling. Wenn dann die neuen Austriebe des Hopfens erscheinen, ist vom Vorjahr fast nichts mehr übrig. Die restlichen alten Triebe werden dann gleich als neue Kletterhilfe angenommen und weisen den direkten Weg nach oben.

Zum Hopfen hat sich jetzt auch ein wilder Wein gesellt, was im Herbst für ein noch prächtigeres Farbenspektakel sorgt und mit dem zusätz­lichen Blütenaufkommen und den darauffolgenden Früchten noch mehr Insekten und Vögel anzieht und versorgt. So entwickelte sich aus unserem toten Baum eine einzigartige Lebensgemeinschaft, die in luftiger Höhe eine komplett neue Landschaft mit vielen wertvollen und unterschiedlichen Lebensräume bildet.

  

Von: Angela Streck, Dienstag, 20. August 2019 - Aktualisiert am Mittwoch, 23. Oktober 2019

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