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Simsen für die Seele

Fragen-Antworten, Kommunikation - was ist, wenn wenige Worte reichen müssen, beim Simsen z.B.? kurze Gespräche mit wenig Buchstaben / Zeichen

Simsen für die Seele, Seelen-Simsen

„Hellmut, was passiert eigentlich mit den verpassten Chancen im Leben?“

69 Zeichen ist diese SMS stark, und ich muss schmunzeln. Es ist Freitag, schon sehr spät.

Das Handy hatte vibriert. Der Absender hatte auf einen lockenden Flirt verzichtet zugunsten seiner Gemahlin. Das weiß ich aus Gesprächen vorher. Nun ist also etwas – moralisch gesehen – Gutes, Wertvolles geschehen. Aber wie so oft, es macht einen nicht gleich satt.

Eher hört man den nachrückenden Hunger aus diesen wenigen Wörtern heraus. Und die Aussicht, mit diesem Verzicht im Himmel zu punkten ist für den aktuellen Zustand von Leib und Seele nicht gerade befriedigend. Was soll ich zurück-simsen? Ich denke nicht lange nach. Bin von Beruf Seelsorger. Freilich, ich könnte gewichtige Worte schreiben, Lob aussprechen, die ethisch-moralische Haltung stärken, die Dimension des Ewigen einbringen.

 „Aus verpassten Chancen wird am Ende ein schöner Film.“ 59 Zeichen. Abgeschickt.

Der Gedanke noch warm, wenn er ankommt. Zwei Minuten später rüttelt das Handy: „toller Gedanke. musste gleich weinen. kann jetzt schlafen.“ Ich bin überrascht. 59 Zeichen lösen einen Stau.

Ich verstehe die Konfirmanden, all die Schülerinnen im Bus, die Frauen mit ihren Kinderwagen. Ich sehe sie gegen Papierkörbe oder Laternenmasten rennen, weil sie den Blick nicht wenden vom winzigen Bildschirm voller Beziehungen. Diese kleinen Gegenwartsblitze, Nichtigkeiten, Liebesschwüre. Übertragung von Gedanken. Verabredungen, Erinnerungen. Und neben all dem Belanglosen – was, wenn es gelänge, einander auf diesem Weg kleine Weisheiten zu flüstern?

 „Wo wohnt Gott?“ -  „Unter deinem Brustbein, nah an deinem Herzen.“ Schräge Botschaften vielleicht, die neben dem Üblichen liegen, in Kurzform, kein langes Drumherumreden.

„Wenn ich beten will, wieso sieht Gott eigentlich grade mich? Es gibt doch so viele Menschen.“

Ich will mit maximal 160 Zeichen auskommen, eine SMS:

„Vielleicht ist Gott mit dir wie in einem Standby-Zustand. Die Beziehung geht an, wenn du sie aufnimmst.“

Kann man das so sagen? Ich bin nicht sicher und geh auf senden. Vielleicht kommt eine Rückfrage, wenn es nicht passt. Wir werden sehen. Aber es kommt nichts. Schweigen am anderen Ende. Später erfahre ich, die Antwort hat gereicht, um weiterzudenken.

Wie wäre es, wenn auf der Webseite von Zeitungen oder Kirchengemeinden ein Forum mit einem Wettbewerb um die knackigsten Antworten auf wichtige Fragen entstünde?

Wie würden Sie antworten, mit maximal 160 Zeichen?

-„Wie merke ich, ob er mich noch liebt?“ „Wenn du so fragst, willst du es nicht wissen. Manfred“  „Frag ihn doch. Elvira“

-„Wie lernt man eigentlich glauben?“  „Setz dich still hin und lass dich einfach anschauen von Gott. Robert“   „Gar nicht, kommt über dich. Uschi“

-„Was kommt nach dem Tod?“ „Es wird hell. Carola.“  „Das ist, wie wenn man in den Garten geht, nach der Arbeit. Robert“ „Die Schule ist vorbei; es sind Ferien. Hellmut“


Ein Meister im Seelen –Simsen war ja Jesus.
Hören Sie mal hin, wie er redet! Z.B. sitzt er kurz vor seiner Hinrichtung am Boden, zwischen Steinewerfern und der todgeweihten Frau, und malt in den Sand. Dann: „Wer unter euch sündenfrei ist, der werfe den ersten Stein.“ (Johannes 8, 7) 56 Zeichen retten das Leben einer Frau und die Menschlichkeit eines ganzen Dorfes.

0der zu einem Zögerlichen: „Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der taugt nicht für den Himmel.“ (Lukas 9, 62). 79 Zeichen für den echt mutigen Entschluss.

 Hellmut Behringer

Von: hellmut behringer (Pfarrer i.R.), Mittwoch, 25. Januar 2017 - Aktualisiert am Dienstag, 04. April 2017
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