Die 9. Nacht der Ausbildung in Roth
Roth - Über 70 engagierte Unternehmen, 120 vorgestellte Berufe, 40 Standorte und kostenlose Bus-Shuttle-Linien – die umfangreiche Planung der neunten Nacht der Ausbildung im Vorfeld war perfekt. Eine Serie von Social Media Posts, Plakaten und Werbekampagnen hatte weit im Voraus auf den 19. April hingewiesen. Nur das Wetter machte es allen Beteiligten am Ende so richtig schwer, es goss durchgehend vom wolkenverhangenen Himmel herunter.
Im Treppenhaus des Rother Rathauses gab Bürgermeister Andreas Buckreus gegen halb vier den Startschuss für den Abend, der so viel Spannendes zu bieten hatte. Ähnlich wie im letzten Jahr, öffneten etliche Rother Unternehmen von 16 bis 21 Uhr ihre Pforten, um Schülern und Schülerinnen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ihren Betrieb zu präsentieren. Zusätzlich fanden zahlreiche Firmen aus dem Landkreis bei den ausstellenden Rother Betrieben Unterschlupf, um sich ebenfalls dort vorzustellen und mit den Besuchern und Besucherinnen in Kontakt zu treten.
Schon im Foyer des Rathauses rückten die Infostände eng zusammen, da an einen Außenpavillon oder Outdoorstand wegen der schlechten Witterung gar nicht zu denken war.
Trotzdem machten die Vertreter von Behörden, Industrie und Handel allerorts das Beste daraus und ließen sich die fröhliche Stimmung nicht verderben.
An der Theke der Stadt Roth lernen wir Bastian Schrötz kennen. Nach dem Fachabi an der FOS Weißenburg entschloss er sich, für eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Was auf ihn in der Ausbildung zukommt, das war ihm von Anfang an klar. Durch Schulpraktika und Ferienarbeit hatte er bereits in den Berufsalltag hineingeschnuppert, daher fiel ihm die Umstellung nach der Schule nicht schwer. Fachlich tritt er in die Fußstapfen seines Vaters, der als Verwaltungsfachwirt in einer anderen Behörde tätig ist und auch Bastian zieht die Weiterbildung zum Fachwirt für den gehobenen Dienst nach der Ausbildung in Betracht. Besonders gut gefällt dem 19-jährigen Bastian, dass er in so viele Abteilungen der Stadt Roth hineinschnuppern darf. Am liebsten mag er, als kommunikativer Mensch, den Kontakt mit Menschen in den Abteilungen mit Parteiverkehr. Da er selbst aus Roth stammt, war für ihn bei der Suche wichtig, einen Ausbildungsplatz in der Nähe zu finden. Positiv findet er, dass es in seiner Ausbildung viel um Politik geht, da er sich schon immer für politische Hintergründe interessiert hat.
Am Standort Gildestraße besuchen wir das Autohaus Waldmüller, in dem auch die Firmen CG TEC GmbH, Christoph Fuchs GmbH und Gienger & Funk KG zu finden sind.
An der Theke des Bauunternehmens Christoph Fuchs treffen wir Florian Schäfer. Er hat vor Kurzem die 2-jährige Ausbildung zum Hochbaufacharbeiter erfolgreich abgeschlossen. Momentan macht der 22-Jährige eine Pause, weil er vor ein paar Wochen Papa geworden ist. Doch im September geht es in die dritte und letzte Etappe der Ausbildung zum gelernten Maurer. Interesse am Handwerk hatte er schon immer. Er hilft gern bei Freunden und wollte deshalb selbst etwas Handwerkliches lernen, um auch im Privaten künftig besser unterstützen zu können. In seiner Familie gibt es sonst keine Handwerker, Florian ist also der Erste, der einen handwerklichen Beruf erlernt. Einen Ausbildungsplatz zu bekommen, war nicht schwer. Nach nur drei Vorstellungsgesprächen hatte er sich für die Christoph Fuchs Baugruppe entschieden, weil man ihm dort von Anfang Chancen bot. Die Monate vor Ausbildungsbeginn durfte er im Unternehmen als Helfer arbeiten und gleich gutes Geld verdienen. Seine Aufstiegschancen schätzt Florian als ausgezeichnet ein. Im Baugewerbe kann man sich vom Vorarbeiter zum geprüften Polier hocharbeiten oder sich auch um eine Position in der Verwaltung bemühen. Die körperliche Arbeit ist für ihn kein Hindernis, er schätzt den freundschaftlichen Umgang im Team und das selbstständige Arbeiten auf der Baustelle. Aufstiegschancen, die sich ihm bei der Firmengruppe CFuchs bieten werden, will er gern nutzen.
Nebenan, am Stand der Gienger & Funk KG, begrüßt uns Luca Marie Wild. Die junge Frau ist im 2. Ausbildungsjahr zur Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement.
Nach ihrem Realschulabschluss hatte sie ein Jahr Pause eingelegt, um sich darüber klar zu werden, was sie werden möchte. Mit Work & Travel entdeckte sie Ziele im Ausland und rutsche am Ende durch Zufall noch in ein halbes, freiwilliges, soziales Jahr hinein. Ihre Mutter machte sie dann auf die Firma Gienger & Funk in Wendelstein, nur 10 Minuten von ihrem Zuhause entfernt, aufmerksam. Dort bewarb sie sich und erhielt den Ausbildungsplatz. Am schönsten findet sie den Mix aus Kundenkontakt und Büroarbeit. Sie mag die Kollegialität im Azubikreis und schwärmt von den Kollegen, die ihr jede Frage hilfsbereit beantworten. Bei Gienger & Funk erkennt sie für sich viele Weiterbildungsmöglichkeiten. Sie mag gern beruflich weiterkommen, Selbstbewusstsein gewinnen, Qualifikations-Rücklagen bilden und sich selbst finden. Sie möchte an alle appellieren, sich zu bewerben. Die Gienger & Funk KG bildet im Schnitt 35-40 Azubis am Standort aus, man kann im Rahmen der abwechslungsreichen Ausbildung auch Handwerker auf der Baustelle besuchen und selbst sehen, wie die Monteure die Produkte ihrer Firma einbauen oder an Werksfahrten und Events teilnehmen. Luca will nach der Ausbildung in den Verkauf für Heizung- und Klimatechnik gehen. Dass dieser Bereich früher eher von männlichen Kollegen belegt war, ist für sie mehr Ansporn als Abschreckung.
In der Drahtzieherstraße sehen wir schon von Weitem bunte Luftballons flattern.
Die Firme Iden Nürnberg GmbH ist zum ersten Mal dabei und hat viel für die Besucher vorbereitet. Getränkebar und Mini-Burger in den Hausfarben und um 20 Uhr lockt ein großes Feuerwerk. Wir sprechen mit Azubi Lars Müller der mit 18 Jahren, nach dem Abitur, eine 3-jährige Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Iden Gruppe begann. Das Handelshaus für Schreib- und Spielwaren sowie Festbedarf hat er sich bewusst als Ausbildungsbetrieb ausgesucht. Sein Vater ist Inhaber eines Spiel- und Schreibwarengeschäftes. Das väterliche Unternehmen möchte Lars in ein paar Jahren übernehmen. Die bestehenden Geschäftsbeziehungen seines Vaters waren für ihn das Sprungbrett in den Job. Bei der Iden Nürnberg GmbH fühlt es sich gut aufgehoben, besonderen Spaß macht ihm das schnelle Erkennen von Trends in der Branche. Er arbeitet in der Ausbildung eng an der Ware, hat Berührungspunkte mit Handel, Vertrieb, E-Commerce und Logistik und lernt vieles, was ihm in seiner weiteren, beruflichen Zukunft hilfreich sein wird.
Im Eingangsbereich, vor dem Gebäude der Iden GmbH treffen wir einen echten „Toolcraft“
Liam Hellmich steht am Unternehmensstand für den Beruf „Fertigungsmechaniker“. Er ist im ersten Lehrjahr der dreijährigen Ausbildung. Mit 15 hat er als Nachrücker bei Toolcraft begonnen und diese Entscheidung nicht bereut. Er mag das familiäre Umfeld und spricht begeistert über das „Restaurant“ – also die Unternehmenskantine – in der er seine Mittagspause verbringt. Er arbeitet sehr gern mit seinen Kollegen zusammen und es spornt ihn an, in seinem Arbeitsbereich für das Unternehmen gute Lösungen zu finden und mitzuhelfen, die Arbeitsabläufe zu optimieren. Seine Aufgabe im Job ist aktuell, Teile vom Zerspaner zu untersuchen und zu bearbeiten.
Bei Toolcraft möchte er auch in Zukunft bleiben und, wenn sich die Gelegenheit bietet, dort auch eine Ausbildung zum Meister annehmen. Auf das Unternehmen wurde Liam 2021 durch die jährlich stattfindende Toolcraft Talent Night (nächster Termin 12. Juli 2024, 16- 20 Uhr) aufmerksam. Zu Fuß hat nur 10 Minuten zu seinem Arbeitsplatz in Gmünd. Aber die Nähe war eigentlich gar nicht ausschlaggebend, er hätte auch einen weiteren Arbeitsweg in Kauf genommen, Hauptsache das Kollegenteam stimmt.
Wir verabschieden uns und steuern den nächsten Standort an – das Gelände der Firma Leoni am Standort An der Lände.
Auch hier wurde mit viel Aufwand die Unternehmenspräsentation zur Nacht der Ausbildung vorbereitet. Am Empfang werden wir herzlich von zwei jungen Menschen begrüßt und mit Gutscheinen für Eis, Getränk und Pommes ausgestattet. Wir bummeln durch die Räumlichkeiten. In jedem Zimmer warten Auszubildende, um ihren Arbeitsbereich vorzustellen. In einem Raum mit etlichen PC-Arbeitsplätzen finden wir Leonie Gumpp ... Leonie bei Leoni, diese junge Dame wollen wir sprechen. Sie erzählt uns, dass sie sich im 2. Ausbildungsjahr zur Industriekauffrau befindet. Etwas Kaufmännisches wollte sie schon immer lernen, deshalb hat sie sich gleich nach dem Schulabschluss an der Wirtschaftsschule in Greding, mit 16 Jahren, für die Firma Leoni entschieden. Die Ausbildungsplätze bei Leoni sind begehrt, für 2024 gibt es nur noch Möglichkeiten als Maschinen- und Anlagenführer oder für Duale Studiengänge. Leoni will auch nach der Ausbildung bei Leoni bleiben und dort die Karriereleiter nach oben klettern. Sie finden ihren Arbeitgeber toll, denn es bieten sich hier unzählige Möglichkeiten, gut im Unternehmen anzukommen und viele Abteilungen kennenzulernen. Etwa 60 Azubis gibt es bei Leoni, dazu noch etliche junge Menschen im Dualen Studium. In festen Einführungswochen lernt man sich kennen und kann sich gegenseitig unterstützen. Im Rahmen ihrer Ausbildung durchläuft sie etliche Abteilungen, wie Warenannahme, Versand oder Customer-Service, momentan ist sie für 2 Monate im Vertrieb. Aktuell freut sie sich auf ein mehrwöchiges Auslandspraktikum, das ihr von ihrem Ausbildungsbetrieb in einem der Partnerbetriebe in Ungarn, Polen oder der Slowakei angeboten wurde. Schön findet Leonie auch, dass ihr Arbeitsplatz von ihrem Zuhause in Allersberg in nur wenigen Fahrminuten erreichbar ist.
Am Ende unseres Streifzuges steuern wir das Bildungszentrum der Kreisklinik Roth an.
Hier ist Adelina Rustemi unsere Interviewpartnerin. Die fröhliche junge Frau erzählt uns aufgeschlossen über ihren Werdegang. Nach der Mittelschule entschied sie sich zunächst mit 17 für die einjährige Ausbildung zur Krankenpflegehelferin. Sie ist ganz ehrlich. Sie wusste nicht von Anfang an, ob sie sich den Pflegeberuf dauerhaft zutraut und entschied sich daher für die zeitlich über ein Jahr begrenzte Möglichkeit zur Helferin. Alternativ wäre auch ein freiwilliges soziales Jahr möglich gewesen, aber Adelina sagt deutlich: „bei der Pflegehelferausbildung gab es eine Bezahlung, daher entschied ich mich dafür“. Schnell war dann aber für sie klar: Der Beruf ist auch ihre Berufung. „Ich kann einfach mit den Menschen, das liegt mir. Selbst mit den schwierigeren Fällen komme ich gut klar.“ Daher war es am Ende dann für sie keine Frage mehr, die 3-jährige Ausbildung zur Pflegefachfrau anschließen zu lassen, die in diesem Jahr, im Sommer endet. Angst vor der Prüfung hat sie keine. Sie ist sich sicher, dass sie bestehen wird. Der Kreisklinik Roth bleibt sie auch nach der Ausbildung treu, die Bezahlung beschreibt sie auch als gut und erwähnt auch eine Zusatzrentenabsicherung und Weihnachtsgeld. Sie weiß jetzt schon, dass sie ab September in einer allgemeinen Station arbeiten wird, in der alle Krankheitsbilder behandelt werden. Adelina sieht das als Herausforderung, der sie sich aber gerne stellen möchte. Neben dem Einsatz in der Pflege möchte Adelina auch Zusatzqualifikationen erwerben. Etwa die Praxisanleiterin, um anderen ihr Wissen weitergeben zu können. Auch die Weiterbildung zur Wundexpertin oder zur Pflegeexpertin im Stomabereich fasst sie ins Auge. Rückblickend ist sich Adelina sicher. Die Ausbildung hat ihr viel persönliche Reife geschenkt. Sie kann nun mit den Menschen – egal ob Patienten oder Angehörige – ganz anders, viel empathischer umgehen. Die Ausbildungsjahre haben sie geerdet und manchmal auch an ihre Grenzen gebracht, wie der Umgang mit Blut, die Anwesenheit bei Operationen oder bei einer Geburt. Aber sie hat es gut gemeistert und freut sich auf weitere, berufliche Herausforderungen.
Nach diesem interessanten Gespräch verabschieden wir uns. Die Nacht der Ausbildung ist nun fast vorbei und wir ziehen Resümee.
Wir konnten viele engagierte junge Menschen kennenlernen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen. Sie haben uns einen wertvollen Einblick in ihre Wünsche, Vorstellungen und Ziele geschenkt und uns ein gutes Bild vermitteln, mit welchem Elan und Ehrgeiz sie ihren Job erfüllen und welche Kriterien bei der Wahl ihrer Ausbildungsstelle entscheidend waren. Die meier Redaktion möchte allen ans Herz legen, die guten Möglichkeiten von Ausbildungsbörsen und Job-Veranstaltungen intensiv zu nutzen und Gespräche mit Ausbildern, Unternehmern und Auszubildenden zu führen, um für sich persönlich die beste Lösung zu finden.
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