Die Brunnen werden wieder bunt
Region - Osterbrunnen gibt es inzwischen vielerorts: in Bayern sind sie sowieso Tradition, aber auch in Hessen, Rheinland-Pfalz, im Saarland, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen und bis in den Norden haben sie sich seit den 80iger Jahren ausgebreitet. Ihren Ursprung aber haben sie in Franken.
Wo der allererste Osterbunnen der fränkischen Schweiz geschmückt wurde, kann man nur mündlichen Überlieferungen entnehmen. Diesen zufolge stand der erste feierlich geschmückte Brunnen im Jahr 1909 in Aufseß. Zum Ursprung der Tradition gibt es verschiedene Interpretationen, christliche, heidnische und ganz pragmatische Ursprünge werden gleichermaßen aufgeführt. In der fränkischen Schweiz gilt eine Wasserarmut und somit die Kostbarkeit des lebensnotwendigen Nass als Erklärung – die Brunnen wurden gleichsam geschmückt, um einem Notstand vorzubeugen und das Wasser als wichtiges Gut zu ehren. Ein anderer Ursprung scheint das gründliche, gemeinschaftliche Reinigen der lebenswichtigen Brunnen im Frühjahr zu sein. Doch auch wesentlich profanere Gründe werden ins Feld geführt: Gäste anzuziehen, sprich: den Tourismus anzukurbeln. Die Region um Muggendorf jedenfalls, die mit der Entstehung der Osterbrunnen-Tradition um 1910 in engem Zusammenhang steht, durfte sich bereits seit dem 19. Jahrhundert über einen regen Tourismus freuen und erfuhr kurz nach der ersten Erwähnung der Osterbrunnen einen wachsenden Besucherzustrom.
Los geht's am Palmsonntag
Unbestritten ist, dass die Fränkische Schweiz nicht nur der Ursprung der Osterbrunnen ist, sondern auch mit der weitaus größten Dichte an festlich und prächtig geschmückten Brunnen aufwarten kann. An die 200 Ortschaften verzieren von Palmsonntag bis zwei Wochen nach Ostern rund 400 Brunnen und Quellen mit tausenden, meist handbemalten Eiern, außerdem Kränzen, Girlanden und Blumen. Traditionell sind die Schmuckwerke in Form einer Krone angelegt, weswegen auch oft von einer Osterkrone gesprochen wird. Doch die Vielfalt ist heutzutage viel größer. In Kleingesee etwa gibt es dieses Jahr handbemalte Ostereier mit Motiven zum Thema Feuerwehr, dazu einen Heiligen St. Florian. Doch auch Fußballmotive, Märchen oder – zum Jubiläum des Reinheitsgebotes – das Thema Bier wurden schon umgesetzt.
Wer hat den größten?
Wo der weltweit größte Osterbrunnen steht, darüber scheiden sich die Geister. Der Tourismusverband Fränkische Schweiz sieht diesen in Bieberbach verortet. Das Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet aber seit 2005 den Stadtbrunnen im oberpfälzischen Sulzbach-Rosenberg mit 16.500 bunten Eiern als Rekordhalter, die Gemeinde Oberstadion in Oberschwaben hat mit 27.000 Eiern einen neuen Rekord angemeldet. Doch Bieberbach hat eine Besonderheit: Die Eier sind „im“ Brunnen drapiert. Denn auch wenn es mittlerweile viele Brunnen bundesweit gibt, die viel mehr handbemalte Eier um sich herum versammelt haben, gibt es keinen Standort, der mit ähnlich vielen Eiern IM Brunnen punkten kann. Dazu braucht es schon einen großen Brunnen, wie den in Bieberbach, der eigentlich ein Löschteich ist, wo im Sommer an gleicher Stelle das „Seefest“ stattfindet. Eines ist klar: Das kleine Bieberbach mit seinen nur 400 Einwohnern verzeichnet in der Osterzeit mit bis zu 40.000 Schaulustigen einen schier unfassbaren Besucherzustrom, und legendär ist der dortige Osterbrunnen allemal.
Erst fegen, dann schmücken
Die Tradition beginnt zunächst mit dem Säubern der Anlage, dem sogenannten „Fegen“. Eine Tätigkeit, die ehemals den jungen Burschen zukam und heute entweder von den Frauen verrichtet wird, die die Brunnen schmücken, oder deren Ehemännern. Danach wird der Brunnen mit Girlanden, Fichtenzweigen und ausgeblasenen Eiern, die farbig bemalt und verziert werden, geschmückt. Übrigens ist hier überwiegend Handarbeit, oder vielmehr, „Mundarbeit“ gefragt. Denn auch wenn es inzwischen Pumpen gibt, die beim Eier-Ausblasen helfen – mit dem Mund geht es schneller, wie die Frauen berichten. Schlimmer sei hingegen das Schmücken. Da ist viel Geduld gefragt, beim Anbringen der einzelnen Eierchen – oder auch Kraft, wenn die schweren Girlanden hoch gewuchtet werden müssen. Der Volksmund spricht vom „Brunnen putzen“. Einzelne oder zu Büscheln gebundene Papierbänder, die „Pensala“, dürfen dabei ebenso wenig fehlen wie echter Blumenschmuck. Ein „durchschnittlicher“ Osterbrunnen in der Fränkischen Schweiz umfasst zum Schluss etwa 80 laufende Meter Girlandenschmuck und circa 1800 bis 2000 bemalte Eierschalen. Schon lange bevor die Osterbrunnen geschmückt werden, beginnen die Vorbereitungen. So werden oft viele neue Ostereierschalen bemalt, um die Verluste des Vorjahres auszugleichen – die nicht nur auf Tollpatschigkeit, sondern auch auf Souvenirjäger zurückzuführen sind. Allein schon das Binden der Girlanden – Fichtenzweige werden sehr eng an ein eisernes Gestell gebunden und fixiert – dauert je nach Länge ein bis zwei Tage. Zusätzlicher Blumenschmuck verlängert die Aufbauzeit. Und weil alles frisch und grün sein muss kann man die Girlanden nicht schon im Winter vorfertigen.
Viele Wege führen zu den Osterbrunnen
Wer die bis zu 400 Osterbrunnen besuchen will, dem stehen viele Möglichkeiten offen. Zuallererst kann man sich auf eigene Faust auf den Weg machen – die Tourismuszentrale Fränkische Schweiz bietet hierfür eine Karte mit Koordinaten sowie eine Auflistung der spektakulärsten Brunnen. Es gibt Fahrradtouren, Osterbrunnenwanderungen oder organisierte Osterbrunnenfahrten (Ganztags/Halbtags, zwischen 13. Bis 27. April) mit dem Bus. Zahlreiche Hotels und Gasthöfe bieten verschiedene Wochenendspecials. Wer also Ostern unbedingt einen Tapetenwechsel haben will, aber noch nichts geplant hat oder dem allgemeinen Hackmack mit allfälligen Staus entgehen will: Man muss nicht hunderte Kilometer weit fahren, um etwas Besonderes zu erleben. Und wer ohnehin an Ostern am liebsten zu Hause bleiben, garnichts planen und vielleicht einfach den Drahtesel aktivieren will: Wunderschöne Osterbrunnen gibt es auch in nächster Nähe, etwa in Wendstelstein, Raubersried, Schwanstetten, Roth, Feucht, Schwabach und Nürnberg.
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